Musiktipp

Viele verschiedene Spiele rund um Worte, Silben, Sätze und mehr.
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Buchecker
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Beitrag von Buchecker »

Ich möchte heute Townes Van Zandt vorstellen. Wie viele seiner Country- und Singer/Songwriter-Kollegen hat er in den 70er und 80er Jahren kaum eine Droge liegen gelassen, die für ihn greifbar war. Anders aber als Leute wie Clapton in England oder Cash in den USA hat er nie den Absprung geschafft und ist ziemlich jämmerlich im Alter von nur 52 Jahren 1997 gestorben.
Wohl auch aufgrund seiner Biographie - er war seit seiner Jugend manisch-depressiv mit psychotischen Schüben - umweht seine Lieder oft ein Hauch Tragik und Weltschmerz. Das Abgleiten ins Peinliche vermochte er aber stets zu vermeiden durch seine gar nicht sentimentale Vortragsweise und die sparsamen Arrangements seiner Lieder, deren Texte auch meilenweit über dem banalen Kitsch mancher Herz-Schmerz-Barden thronten.
Eine Auswahl seiner Lieder kann man unter dieser url anhören (auch gut geeignet für vielfältige andere Musikrecherchen!):
http://hypem.com/#/search/Townes%20Van%20Zandt/1/

Sein schönstes, ergreifendstes Lied, Kathleen, gibt es meines Wissens nur, arg verhunzt durch einen völlig unpassenden Filmausschnitt, auf youtube in der Studiofassung (anklicken und Augen zu!):
http://www.youtube.com/watch?v=QIi4cAK1vik
Auf hypem kann man noch eine schöne Solofassung hören, nur Townes und seine Gitarre:
http://hypem.com/#/search/Kathleen%20Townes/1/

Das Lied steht geradezu sinnbildlich für den Sänger von der traurigen Gestalt: Durchdrungen von tiefer Hoffnungslosigkeit und Einsamkeit, verliert hier einer nicht die Fassung, sondern bewahrt sich auch im Letzten seine Würde und Integrität:

It's plain to see, the sun won't shine today
But I ain't in the mood for sunshine anyway
Maybe I'll go insane
I got to stop the pain
Or maybe I'll go down to see Kathleen.

A swallow comes and tells me of her dreams
She says she'd like to know just what they mean
I feel like I could die
As I watch her flying by
Ride the north wind down to see Kathleen.

Stars hang high above, the oceans roar
The moon is come to lead me to her door
There's crystal across the sand
And the waves, they take my hand.
Soon I'm gonna see my sweet Kathleen.

Soon I'm gonna see my sweet Kathleen.
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Buchecker
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Re: Musiktipp

Beitrag von Buchecker »

Emmylou Harris ist eine US-amerikanische Sängerin, die sich in den fast 40 Jahren künstlerischen Wirkens, die durch Plattenaufnahmen dokumentiert sind, einen guten Ruf als Interpretin im weiten Feld der Americana erarbeitet hat.
Nach ihren eher traditionellen Countryalben der 70er und 80er Jahre zeigte sich ihr persönlicher Reifungsprozess auch in ihrer Musik, die vielschichtiger und offener wurde und die Randbezirke amerikanischer Folklore erkundete.
In den letzten Jahren hat sie sich verstärkt der Zusammenarbeit mit anderen Künstlern - auch anderer Genres - gewidmet, woraus unter anderem ein sehr erfolgreiches gemeinsames Album mit Mark Knopfler erwuchs.
Das Lied, welches ich vorstellen möchte, stammt von der LP Cowgirl's Prayer aus dem Jahre 1993.
Es erzählt im ersten Teil aus der Ich-Perspektive von einem Hochstapler und Schwindler, der mit Hilfe billiger Tricks den Leuten in den staubigen Städten eines nicht näher genannten Landes das Geld aus der Tasche zieht. Zu den Höhepunkten seiner Auftritte zählt unter anderem ein gelähmter Junge, dem er wieder zur Beweglichkeit verhilft - natürlich ist der völlig gesunde Bursche Teil seiner Inszenierung.
Der Erzähler macht auf diese Weise gutes Geld, bis sich eines Tages sein Glück wendet. Von einem Tag auf den anderen ziehen seine Tricks nicht mehr; das Publikum wendet sich ab, er findet kaum noch Dumme, die ihn für seine Vorstellung entlohnen.
Ein alter Mann, den er bei einem Glas Wein kennen lernt, erklärt ihm, warum: Seit einiger Zeit zieht ein anderer Künstler mit einer ähnlichen Show durch die Lande, der die Leute ohne bombastisches Getöse zu fesseln vermag, und das schönste: Er verlangt noch nicht mal Geld dafür!
Eine Klarinette, charakteristisch für die jiddische Klezmer-Musik, unterbricht den Sprechgesang, und langsam dämmert es dem Zuhörer, dass da eine bekannte Geschichte erzählt wird, allerdings aus einer gänzlich neuen Perspektive.
Was bleibt dem Gaukler zu tun? Er entschließt sich, dem Phänomen auf den Grund zu gehen. Er will herausfinden, was es mit diesem neuen Star auf sich hat, und arrangiert ein Treffen. Der Neue empfängt ihn freundlich und macht ihm ein verlockendes Angebot: Sie werden in Zukunft zusammenarbeiten, und nach Beendigung der Tournee winkt ein großzügiges Honorar!
Der Erzähler kann sich mit der neuen Situation gut arrangieren - im letzten Vers des Lieds verkündet er optimistisch: "We're headed for Jerusalem tomorrow…" ("Morgen brechen wir nach Jerusalem auf.").
Es passiert mir selten, dass mich das Ende eines Songs so umhaut, dass ich das Ganze mit der Schlusspointe im Hinterkopf sofort noch einmal hören muss. Selbst wenn schon im Titel die letzten beiden Worte ("Jerusalem Tomorrow") zitiert werden, erschließt sich die ganze Komik von Emmylou Harris' Jesusgeschichte erst beim zweiten, dritten Zuhören, und es macht Spaß, die vielen kleinen Andeutungen zu entschlüsseln.

Das Lied gibt's hier zu hören (nach unten scrollen und auf das kleine Dreieck hinter dem Titel klicken): http://hypem.com/#/search/Emmylou%20Harris/1/" onclick="window.open(this.href);return false;

Den Text kann man hier nachlesen: http://www.songtexte.com/songtext/emmyl ... 43315.html" onclick="window.open(this.href);return false;
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Vidya Venn
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Re: Musiktipp

Beitrag von Vidya Venn »

Hi Buchecker!
Was hab ich lange Emmylou Harris nicht gehört, danke für die Erinnerung an gute Musik von ihr. Hab mal reingehört und so als Erinnerungsschlager Two more bottles of wine gehört. Danke
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Buchecker
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Re: Musiktipp

Beitrag von Buchecker »

Über die Jahre - sie sind mittlerweile seit mehr als 25 Jahren die Speerspitze der deutschen Liedermacherszene - haben sich Die Toten Hosen mit einer langen Reihe gesellschaftlich relevanter, bisweilen tabuisierter Themen auseinandergesetzt. Dass sie dabei auch im Blick auf scheinbar Vertrautes neue Perspektiven eröffnen können, haben sie immer wieder bewiesen.
Auch das vorliegende Werk aus der Frühphase der Band legt den Finger auf ein bis dahin sträflich vernachlässigtes Kapitel der deutschen Alltagswirklichkeit. Was uns heute in jedem besorgten Kommentar über die Jugendkultur entgegenschlägt, war 1983 ein noch unbekanntes Phänomen: das sogenannte Binge-drinking oder auch Komasaufen. Lange bevor Ulla Schmidt es für nötig erachtete, unter Einsatz aller verfügbarer Ressourcen persönliche Recherchen zu diesem Thema auf Mallorca durchzuführen (und dafür prompt kleinliche Kritik von der Opposition einstecken musste), gingen die Hosen der Problematik auf ihre Weise nach und veröffentlichten eine poetische Warnung vor alkoholbedingten Exzessen: Eisgekühlter Bommerlunder, so auch der Titel ihres Werks, verführe harmlose Trinker dazu, sich systematisch in höchstem Maße cholesterin- und fettreiche Nahrung zuzuführen - "ein belegtes Brot mit Schinken" und "ein belegtes Brot mit Ei".
"Das sind", wie die Hosen anklagend konstatieren, "zwei belegte Brote - eins mit Schinken, eins mit Ei!"
Die Erschütterung, die Texter Campino angesichts dieser Erkenntnis ergriffen haben muss, lässt sich fast mit Händen greifen. Unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen, beschränkt sich der Künstler auf die eindringliche Wiederholung seiner Botschaft.
In den Konzerten ist diese Hymne in der aufklärerischen Tradition eines Gunter Gabriel jedes Mal ein emotionaler Höhepunkt und verfehlt ihre Wirkung bis heute nicht.
Wer trinkt schon noch Bommerlunder?

http://www.youtube.com/watch?v=0Ma3_vKPFpI" onclick="window.open(this.href);return false;
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lemmy
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Re: Musiktipp

Beitrag von lemmy »

*ROFL*
:lol: :lol: :lol:
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Inside of a dog, it's too dark to read.
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Graf Koks
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Re: Musiktipp

Beitrag von Graf Koks »

Limelight :arrow: http://www.youtube.com/watch?v=K5f_AG-SR24" onclick="window.open(this.href);return false;
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Buchecker
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Re: Musiktipp

Beitrag von Buchecker »

Was haben Tori Amos, Sheryl Crow, Gregorianische Mönche, Johnny Cash und der Frosch Kermit gemeinsam?

Sie alle haben ein Lied von Trent Reznor (Nine Inch Nails) gecovert - Hurt.
In Reznors Originalfassung von 1994 geht es um Drogenabhängigkeit - der Erzähler fragt sich beschämt, was aus ihm geworden ist: Jemand, der seine Freunde (im wahrsten Sinne) im Stich lässt; der sich einen Schuss setzt, die Nadel einführt, bloß um sich selbst zu vergewissern, dass er überhaupt noch etwas fühlt. Lügen, Dreck und Einsamkeit - der Erzähler hat jegliche Hoffnung aufgegeben; der Gedanke, noch einmal von vorn anzufangen, erscheint lächerlich.
Auch die Musik passt sich der Tristesse des Textes an:
http://www.youtube.com/watch?v=prDoGmY5kj8" onclick="window.open(this.href);return false;

Johnny Cash wurde von seinem Produzenten Rick Rubin auf den Song aufmerksam gemacht. In seiner Version, veröffentlicht 2002, ein Jahr vor seinem Tod (die Single wurde sogar erst postum herausgebracht), stellt sich der Song ganz anders dar, obwohl Cash nur wenige Worte verändert hat.
Die Nadel steht jetzt für seine schwere Krankheit, die ihm in den letzten Jahren große Schmerzen bereitete. Auch er weiß, dass er seine Freunde bald verlassen wird, aber er blickt nicht mit Angst voraus, sondern wendet den Blick zurück zu den Anfängen: "I remember everything." Im Video folgt hier ein Bilderbogen aus Cashs Leben:
http://www.youtube.com/watch?v=SmVAWKfJ ... L&index=50" onclick="window.open(this.href);return false;

Man kann einen Selbstversuch machen: Fast jede Zeile des Songs ist offen für die zwei kaum unterschiedlicher denkbaren Perspektiven: hier der selbstzerstörerische Junkie, dort der sterbenskranke alte Mann.

Die Schlusseinstellung von Cashs Video zeigt den Alten, wie er kurz innehält, den Deckel seines Pianos schließt und dann langsam, fast zärtlich mit den Händen darüber streicht. Eine Legende tritt ab.
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Yumo
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Re: Musiktipp

Beitrag von Yumo »

Als 1983 die LP „Scatterlings of Africa“ von Juluka erschien, habe ich sie damals wieder und wieder gehört. Zu der Zeit war es v.a. die Musik, weshalb mir die LP gefiel. Vor kurzem habe ich sie mir wieder mal angehört; sie gefällt mir nach wie vor, nun aber auch wegen der Aussagen. Obwohl seitdem Jahrzehnte vergangen sind, an ihrer Aktualität hat sich leider kaum etwas geändert. Nicht zuletzt wegen der bevorstehenden Fußball-WM könnte die Musik auch recht interessant sein, Afrikanisches ist ja in westlichen Ländern eher selten zu hören.
Aus dem Grund möchte ich den Thread mal wieder aus der Versenkung holen und etwas über Johnny Clegg schreiben.

Johnny Clegg wurde 1953 in der Nähe von Manchester geboren. Er wuchs in England, Israel, Zimbabwe (ehemals Rhodesien), Sambia und Südafrika auf.
Nach der Trennung der Eltern ging seine Mutter mit ihm zurück in ihre Heimat Rhodesien. Nachdem seine Mutter später einen Südafrikaner geheiratet hatte, siedelte die Familie nach Südafrika über. Dort kam Clegg, damals 15jährig, mit Musik und Kultur der Zulu in Kontakt. Kurz darauf lernte er den Gitarristen Sipho Mchunu kennen. Beide begannen zusammen Musik zu machen. Auf Grund der Apartheid konnten sie – ein Schwarzafrikaner und ein Weißer – nur im kleinen Rahmen auftreten, erlangten aber durch Mundpropaganda einige Popularität.
Johnny Clegg war von der Zulu-Kultur so fasziniert, daß er schließlich von einem Zulu-Häuptling „adoptiert“ wurde und „weißer Zulu“ genannt wird.

Clegg studierte Anthropologie und lehrte an der Universität in Johannesburg; er gab seine Lehrtätigkeit schließlich auf, um sich ganz der Musik zu widmen.

Ende der 70er hatten Clegg und Mchunu die Möglichkeit, bei CBS eine LP aufzunehmen. Hierfür kamen weitere Musiker hinzu und die Band Juluka (Zulu für „Schweiß“) wurde gegründet. Die Musik vereinigt Elemente aus der Zulu-, Pop- / Rock-Musik und anderen Einflüssen.
Größere Bekanntheit weltweit erlangte die Gruppe durch das Lied „Scatterlings of Africa“, das auf dem Soundtrack des Films „Rain Man“ mit Dustin Hoffman und Tom Cruise enthalten ist. Das Lied handelt davon, daß jeder ein Flüchtling oder Heimatloser ist. Die Wiege der Menschheit liegt in Afrika, und von dort haben sich die Menschen in alle Richtungen verteilt.
Ein weiteres, sehr bekanntes Lied ist „Asimbonanga“ (Wir haben ihn nicht gesehen), ein Stück, das 1987 erschien und zur Freilassung von Nelson Mandela aufrief. In dem Lied werden auch die Namen von Freiheitskämpfern genannt, die auf Grund ihres Widerstands gegen die Apartheid getötet wurden (Steve Biko, Victoria Mxenge, Neil Aggett).

Nach der Auflösung von Juluka 1984 gründete Clegg eine weitere, gemischtrassige Band, Savuka (Wir sind erwacht oder Wir sind aufgestanden). Der musikalische Stil und die textlichen Inhalte blieben ähnlich denen von Juluka: der Widerstand gegen Apartheid und Rassenhaß. Wegen seiner Texte und dem Verstoß gegen die Rassentrennung wurde Clegg mehrmals verhaftet, Konzerte wurden mit dem Einsatz von Tränengas verhindert.
Savuka löste sich Mitte der 90er Jahre auf; für kurze Zeit spielten danach Clegg und Juluka noch einmal zusammen. Seit der erneuten Trennung tritt Clegg solo auf.

Er engagiert sich für das Projekt 46664 (Mandelas Häftlingsnummer auf Robben Island), das sich dem Kampf gegen AIDS widmet. Außerdem setzt er sich für bessere Bildungschancen für Jugendliche in Südafrika ein. Nach wie vor engagiert er sich in Anti-Apartheid-Gruppen.
Johnny Clegg lebt heute mit seiner Frau in Johannesburg. Jesse, einer seiner beiden Söhne, ist ebenfalls Musiker.

Weiteres zu Johnny Clegg gibt es hier: http://www.johnnyclegg.com/

Bei den meisten Stücken sind die Texte enthalten, hier meine Auswahl:

Scatterlings of Africa
http://www.youtube.com/watch?v=Hj7paXrhOdY

Asimbonanga
http://www.youtube.com/watch?v=TFBdGMXu ... re=related

Matombana
http://www.youtube.com/watch?v=Vy_mQy6g ... re=related

Your Time Will Come (Solo)
http://www.youtube.com/watch?v=hkZvDTNo ... re=related

Impi
http://www.youtube.com/watch?v=QEn2glAx ... re=related

Great Heart
http://www.youtube.com/watch?v=5_9xtCbR ... re=related

Und hier noch etwas vom Sohn:

Today
http://www.youtube.com/watch?v=KUwOghhbOSE
Die zehn Gebote Gottes enthalten 279 Wörter, die amerikanische Unabhängigkeitserklärung 300 Wörter, die Verordnung der europäischen Gemeinschaft über den Import von Karamelbonbons aber exakt 25911 Wörter.
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Buchecker
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Re: Musiktipp

Beitrag von Buchecker »

Großartig! Danke für den Hinweis, Yumo!
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Re: Musiktipp

Beitrag von Buchecker »

MacArthur Park ist sicherlich einer der skurrilsten Songs der Popgeschichte. Das Lied war ursprünglich Teil einer 22-minütigen Kantate des US-amerikanischen Komponisten Jimmy Webb, die dieser vergeblich verschiedenen Künstlern zur Veröffentlichung anbot. Der Schauspieler Richard Harris, dem Webb aus Freundschaft die Produktion einer Single versprochen hatte, wählte die Schlusssequenz aus der Kantate und bat Webb um das Arrangement.

Obwohl das Lied musikalisch anspruchsvoll ist (vier unterschiedliche Abschnitte, mehrere Tonartwechsel, volle Orchestrierung, siebeneinhalb Minuten Länge), belegte es seit seiner (höchst erfolgreichen) Veröffentlichung 1968 regelmäßig vordere Plätze bei der Wahl des schlechtesten Songs ever.

Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen: Harris war Schauspieler, nicht Sänger. Seine sonore Stimme als Dumbledore mag Harry-Potter-Fans erschaudern lassen, aber (hohe) Töne zu treffen und zu halten war ihm nicht gegeben.

Der zweite Grund: die lyrics. Es herrscht allgemeine Übereinstimmung, dass es sich bei dem Lied um die wehmütige Erinnerung an eine vergangene Liebe handelt; das lyrische Ich beschwört the yellow cotton dress foaming like a wave on the ground around your knees, ist sich aber des Verlusts schmerzlich bewusst und sinniert: After all the loves of my life I'll be thinking of you and wondering why.

Um diesen nachvollziehbaren inhaltlichen Kern herum häufte Webb aber ein derart wahnwitziges Metapherngebäude, dass selbst gutwillige Musikkritiker an der Frage scheiterten, warum denn nun um alles in der Welt jemand einen selbst gebackenen Kuchen im Regen vor sich hinmodern lässt, während MacArthur Park langsam dahinschmilzt und sich auflöst:

MacArthur Park is melting in the dark
all the sweet green icing flowing down
someone left the cake out in the rain
I don't think that I can take it
'cause it took so long to bake it
and I'll never have that recipe again
Oh, nooo!


Wie auch immer: Das Lied, zum Glück ein one-hit-wonder des Interpreten, ist seitdem Teil des großen Pop-Mythos und wurde von Dutzenden Künstlern interpretiert und neu arrangiert. Die bekannteste Version ist bis heute die Disco-Fassung von Donna Summer, mit der die Sängerin ebenfalls einen Nummer-1-Hit landete. Und weil die tatsächlich auch singen kann, habe ich diese Fassung ausgewählt - von Richard Harris existiert nur ein gnadenhalber um die Hälfte gekürzter Konzertausschnitt.

http://www.youtube.com/watch?v=QfL7Gk7F ... re=related
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Re: Musiktipp

Beitrag von Buchecker »

Viele von euch werden Bobbie Gentrys Song Ode To Billy Joe kennen; hier nochmal die Lyrics:

It was the third of June,
another sleepy, dusty Delta day.
I was out choppin' cotton 
and my brother was balin' hay.
And at dinner time we stopped,
and we walked back to the house to eat.
And mama hollered at the back door 
"y'all remember to wipe your feet."
And then she said she got some news this mornin' from Choctaw Ridge
Today Billy Joe MacAllister jumped off the Tallahatchie Bridge.

Papa said to mama as he passed around the blackeyed peas,
"Well, Billy Joe never had a lick of sense, 
pass the biscuits, please."
"There's five more acres in the lower forty I've got to plow."
Mama said it was shame about Billy Joe, anyhow.
"Seems like nothin' ever comes to no good up on Choctaw Ridge,
And now Billy Joe MacAllister's jumped off the Tallahatchie Bridge."

And brother said he recollected when he and Tom and Billy Joe
Put a frog down my back at the Carroll County picture show.
And wasn't I talkin' to him after church last Sunday night?
"I'll have another piece of apple pie, you know it don't seem right.
I saw him at the sawmill yesterday on Choctaw Ridge,
And now you tell me Billy Joe's jumped off the Tallahatchie Bridge."

Mama said to me "Child, what's happened to your appetite?
I've been cookin' all morning and you haven't touched a single bite.
That nice young preacher, Brother Taylor, dropped by today,
Said he'd be pleased to have dinner on Sunday. Oh, by the way,
He said he saw a girl that looked a lot like you up on Choctaw Ridge
And she and Billy Joe was throwing somethin' off the Tallahatchie Bridge."

A year has come 'n' gone since we heard the news 'bout Billy Joe.
Brother married Becky Thompson, they bought a store in Tupelo.
There was a virus going 'round, papa caught it and he died last spring,
And now mama doesn't seem to wanna do much of anything.
And me, I spend a lot of time pickin' flowers up on Choctaw Ridge,
And drop them into the muddy water off the Tallahatchie Bridge.


Das Lied, eine Southern Country Ballade, war 1967 ein Riesenhit, den die Sängerin nie auch nur annähernd wiederholen konnte.
Das Faszinierende an dem Song ist seine lyrische Qualität und seine Offenheit, die zentrale Fragen des Textes unbeantwortet lässt.
Die Geschichte, kurz zusammengefasst: Als die junge Erzählerin von der morgendlichen Arbeit auf dem Feld heimkehrt, wird sie mit der Nachricht von Billy Joes Tod konfrontiert, der sich die Tallahatchie Bridge hinuntergestürzt hat. Die Reaktionen der um den Mittagstisch versammelten Familie sind sehr unterschiedlich: Der Vater hat immer schon gewusst, dass aus dem Burschen nichts Vernünftiges werden konnte, die Mutter bedauert seinen Tod gleichwohl, der Bruder erinnert sich an gemeinsame Jugendstreiche - alle gehen aber schnell zur Normalität über, nur die Erzählerin kriegt keinen Bissen herunter. Zuletzt erwähnt die Mutter noch den rätselhaften Umstand, dass ein Mädchen, welches der Erzählerin sehr ähnlich gesehen habe, kurz vor dem Selbstmord mit Billy Joe gesehen worden sei - die beiden hätten ein Bündel von der Brücke in den Fluss geworfen...
Die letzte Strophe macht einen zeitlichen Sprung. Ein Jahr ist vergangen; der Bruder hat geheiratet, der Vater ist verstorben, die Mutter trauert - und sie, die Erzählerin, verbringt jede freie Minute auf der Tallahatchie Bridge und lässt Blumen in die schlammigen Fluten fallen.
Was verband die beiden jungen Menschen oben auf der Tallahatchie Bridge? Bobbie Gentry hat nicht viel zu der Lösung dieser Frage beigetragen. Sie wollte mit gutem Grund das Rätsel um die Beziehung der Erzählerin mit Billy Joe nicht auflösen - viel zu subtil hatte sie schließlich die Emotionen der Erzählerin und das Beziehungsgeflecht innerhalb der Familie mit wenigen Strichen beschrieben, als dass eine simple Gleichung (Bündel = Rauschgift? Baby? Briefe? Einberufungsbefehl?) der Vielschichtigkeit des Liedes Rechnung tragen könnte. So kann jeder sich seine Deutung selbst zusammenreimen, und vieles ist möglich - gibt es ein höheres Qualitätssiegel für gedichtete, gesungene Literatur?

Die Fakten bei Wikipedia: http://en.wikipedia.org/wiki/Ode_to_Billie_Joe

Der Versuch einer Erklärung: http://www.filibustercartoons.com/billyjoe.htm

Der Song: http://www.youtube.com/watch?v=tR97ITFD ... re=related
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Re: Musiktipp

Beitrag von Buchecker »

Hat jemand Quentin Tarantinos Western "Django Unchained" gesehen? Eine knapp drei Stunden lange, elegische Erzählung von Schurken und scheinbaren Ehrenmännern auf der Suche nach einer wie auch immer gearteten Form von Recht und Gerechtigkeit.

Tom Russell, Singer-Songwriter aus Austin/Texas, braucht als Sänger für solch archaische Geschichten nur 6 Minuten, in denen sich freilich ebenfalls Stoff für einen kompletten Kinofilm verbirgt.

Ein Beispiel: Seine Westernballade "The Sky Above, The Mud Below". Die Story geht wie folgt: Zwei heruntergekommene Gestalten, Brüder offensichtlich und mexikanischer Herkunft, betreten eines Abends einen Saloon. Sie knallen ein selbst geflochtenes Zaumzeug auf die Theke und verlangen dafür Whiskey. Der Wirt wird misstrauisch - die beiden ähneln verdammt den Visagen auf einem Wanted-Poster: Pferdediebe!
Und mehr noch - das Zaumzeug ist kunstvoll aus Pferdehaar geflochten, schwarz und grau: die Farben eines Rennpferdes, welches einen Monat zuvor unter mysteriösen Umständen verschwunden ist...

Die beiden Pferdediebe haben Pech - der Wirt ist nicht nur Gastronom, er besitzt auch die beraubte Pferdezucht und amtiert darüber hinaus gleichzeitig als Sheriff, Richter und Bestatter - ein Mann, wie Russell lakonisch kommentiert, den man besser nicht reizt.
Schnell ist der Saloon zum Gerichtssaal umfunktioniert; der wortmächtige Wirt (er blickt auf eine aus nicht näher genannten Gründen abgebrochene Priestertätigkeit zurück) konfrontiert die konsternierten Brüder mit seiner Anklage. Ohne größere Umstände wird die Beweiserhebung abgeschlossen: Der bibelfeste Deacon zitiert mal eben die Heilige Schrift ("Strebe nicht nach dem Pferd deines Nächsten"; angeblich irgendwo aus der Offenbarung) und verurteilt die Delinquenten zum Tod durch den Strang. Doch nicht nur das: Zuerst lässt er ihnen das lange Haupthaar abscheren und zwingt sie, sich daraus ihren eigenen Strick zu knüpfen.
Früh am nächsten Morgen rumpelt der Totenwagen des Bestatters (Ex-Priesters, Wirts, Pferdezüchters, Anklägers, Richters und Henkers) über die schlammigen Straßen des Städtchens zum Schindacker...

Russells Ballade lebt ganz von der facettenreichen Geschichte, ist musikalisch reduziert auf eine einsame Gitarre und die knarzige Stimme des Interpreten.

Die hier verlinkte Fassung ist eine Live-Version von 1997 mit ein paar selbstironischen Einführungsworten des Künstlers selbst: http://www.youtube.com/watch?v=CnHkXZYN75o

Der Text zum Mitlesen: http://www.cowboylyrics.com/lyrics/wyli ... 13375.html
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christhomson
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Re: Musiktipp

Beitrag von christhomson »

Deep Purple - Fireball ( LP Harvest Records UK 1971)

Nach dem m. E. herausragenden Album "Deep Purple - In Rock" 1970 wartete ich sehr gespannt auf die nachfolgende Scheibe.
Und was sag ich euch:
Diese Platte hat mich aus den Schuhen gehauen. Musste ich schon nach "In "Rock" meine Puschen zusammen suchen, so ging es mir mit "Fireball" genauso.

Ich leg mal Seite 2 auf:

"The Mule" startet mit einem furiosen Zusammenspiel der Band, welches in ein wechselseitiges Musizieren von John Lord (leider verstorben) und Ritchie Blackmore übergeht. Dies unterlegt mit einer konsequenten Basslinie von Roger Glover und einem Schlagzeuger (Ian Paice), der dem Drummer der Muppet-show in Präzision und Emotion sehr nahe kommt. :) Ian Gillan eine nicht sehr feine Geschichte über die Erfahrung mit schlimmen Leuten und ihrem Einfluss singt. Und wie!
Das Lied endet in einem unglaublichen, stakato-haften Krach, dem Ian Paice mit seinem Spiel an den Becken die Krone aufsetzt.

"Fools" beginnt umgekehrt. Lord spielt, geleitet von Paice und Glover (man höre sich diesen Bass an)
mit leichter Hand geradezu klassisch hin zum Einsatz von Gillan und Blackmore.
Und dieser ist der Hammer. Da wehte es mir meine langen Haare nach hinten. Kinders der Sonne, das ist phänomenal.
Ein Sänger, der eine Röhre ins Microphon bläst, das die Lautspecher vor Freude anschlagen.
Und dann kommt der Knaller:
Fließend geht das Werk in eine ruhige Passage über, in welcher Blackmore das Zusammenfügen von Mann und Gitarre, das Können, die Leidenschaft einspielt.
Ich denk: Was ist das? Ist dies ein Cello? Eine Bratsche?

Als ich die Band zwei Jahre(?) später in Augsburg sah, wusste ich es.

Die anderen Lieder lass ich außen vor. Nicht aus Ignoranz. Einfach deswegen, weil ich mir sonst einen Wolf schreibe.

Abschließend sei noch eins erwähnt:

Das Cover! Für mich eines der schönsten in der Geschichte der Rockmusik. Das Foto stammt von Tony Burett, der auch als Produzent fungierte.

Eine dufte Scheibe, die zu meinen Heiligtümern gehört.

Gibt es auch als CD.

Stilrichtung: Hardrock

The Mule: https://www.youtube.com/watch?v=fO_4GsxumZ0

Fools: Das Original find ich leider nicht. https://www.youtube.com/watch?v=NTsrj2GfN8I

Lyrics: Fools: http://www.magistrix.de/lyrics/Deep%20P ... 78135.html
Lyrics: The Mule: http://www.golyr.de/deep-purple/songtex ... 12807.html
Zuletzt geändert von christhomson am Di 23. Apr 2013, 16:56, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Musiktipp

Beitrag von christhomson »

Welch gute Platte!

Amos Lee - Supply and demand

Der singt gut. Ganz ruhig kommt die Music daher. Baut im Hörer so (pö a pö :wink:) ein Gefühl des Wohlfühlens auf. Ein Zuhören! Erzählt Geschichten aus dem Leben. (Ja, ich weiß, macht jede(r) aber dieses "wie". Und seine Band ein Musizieren an den Tag legt, das es eine Pracht ist. Anfänglich hab ich versucht, ihn in Schubladen zu schieben. Je mehr ich ihm zuhöre, um so mehr verzichte ich darauf. Dieser Typ und seine Band spielen einfach 'ne Musik, welche als zusammen fühlend zu hören ist. Meine, du schnappst dir deine(n) Frau/Mann und los.
Kinders der Sonne, wenn ich jetzt loslege, und schreibe, was diese CD an Emotionen auslöst, sagt ihr: Der spinnt eventuell. Wobei dies nicht auszuschließen ist. Aber ich habe die letzten Jahre kein Werk gehört, das so bei mir ins Kontor reinhaut. Gitarren, die klar gespielt werden, nicht auf den Steg greifend. Ein Bass, der, ja man kann schon sagen (hören), sowas von lässig daherkommt, das du deinen Kopfhörer zurecht rückst und denkst: Ich höre. Dieser Drummer, ich merk das auch 'ne Ahnung vom Jazz vorhanden ist, elegant, betone, elegant, die Songs stützt. Und: Da gibt es Tasteninstrumente, welche zu hören sind.

Zu kompliziert?

Aus meinem subjektiven Hören heraus eine Scheibe ist, die Menschen aus dem täglichen Einerlei entführt und eine Freude aufbaut, die sich auch im Tanzen darstellt.

Stilrichtung: Soul, Folk

Guys:

https://en.wikipedia.org/wiki/Supply_an ... Lee_album)

Music:

https://www.youtube.com/watch?v=FdPzNCybqzw
Achtung: Da müsst ihr etwas suchen.

Quellen: Natürlich die bei BL erstandene CD
Wikipedia: thanks

ct
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Re: Musiktipp

Beitrag von Buchecker »

Bilanz eines – bestenfalls – mittelmäßigen Lebens: viel zu oft enttäuscht worden, ausgenutzt, desillusioniert. Die Freunde: ebenfalls mitgenommen, schwer angeschlagen. Über allem eine Aura von Müdigkeit, Erschöpfung. Das lyrische Ich fragt sich ungläubig, wie es dazu kommen konnte, wo doch alles so gut anfing, wo es ihm doch viele Jahre lang gut ging.
Paul Simon greift tief in die Tasten des Weltschmerzes in den ersten Strophen seiner Komposition American Tune, die er auf seinem 1973er Soloalbum There Goes Rhymin' Simon erstmals veröffentlichte. Kaum zehn Jahre nachdem er mit seinem alten Schulkameraden Art Garfunkel die Welt der Popmusik mit kongenialen Songs wie The Sound of Silence verzaubert hatte, war der Alltag in sein Leben und das seines Landes eingekehrt: Das Duo hatte sich unter lautem Getöse getrennt, während die Nation staunend zur Kenntnis nahm, dass ein kleiner Schurkenstaat wie Nordvietnam sich nicht einfach in die Steinzeit zurückbomben lassen wollte und dass auch Präsidenten nicht davor zurückschreckten, sich mit Hilfe zwielichtiger Ganoven Vorteile im Kampf um die Macht zu verschaffen.
Paul Simon wäre nicht der begnadete Songschreiber, der er ist, wenn er diese Parallelen nicht auch in seinem Song ansprechen würde.
Eine Traumsequenz, in der sich die Seele des Sterbenden vom Körper löst und, hoch über der Szenerie schwebend, die hilflos im Ozean treibende Statue of Liberty erblickt, bildet die Brücke zur Analyse der US-amerikanischen Befindlichkeit.
Ähnlich wie bei der einsamen Figur am Anfang des Liedes schien anfangs alles zu klappen – die „Mayflower“ als Symbol freiheitssuchender Immigranten wird angesprochen, Erfolge wie die zum Zeitpunkt der Komposition erst vier Jahre zurückliegende Mondlandung werden stolz thematisiert. Und doch – we come in the age's most uncertain hours: Überall herrscht Verunsicherung. Was ist richtig, was ist falsch? Wo ist der moralische Kompass? Wer kann noch Orientierung bieten? Das ist das „amerikanische Lied“, welches Simon beschwört.
Wie geht man mit einer solch unklaren Gemengelage um? Der Songwriter kehrt, um dieser Frage nachzugehen, zu seinem unglücklichen Helden vom Anfang zurück – und beantwortet sie in typisch amerikanischem Spirit: Erstmal gut schlafen, und dann: Ärmel hochkrempeln, die Probleme beim Schopf fassen! Morgen ist ein neuer Tag!
Und so schafft es Simon, einer verunsicherten Nation einen guten Rat zu geben: Besinnt euch auf euch selbst, lasst euch nicht unterkriegen, tut euren Job, und wenn ihr im Kleinen die Wende schafft, dann schaffen wir das auch in unserem Gemeinwesen. American Dream reloaded...
Dieses Lied wurde vielfach gecovert (u.a., begreiflicherweise, von Willie Nelson und Dave Matthews) und erfreut sich bei vielen Künstlern hoher Wertschätzung - nicht zuletzt übrigens bei Art Garfunkel, der es sowohl in seinen Solokonzerten als auch in den diversen Reunions mit Simon immer wieder sang und dabei bekannte, „I adore this song“. Es ist auch kein Zufall, dass Simon in der ersten „Saturday Night live“-Sendung nach 9/11 ausgerechnet American Tune darbot.
Und so verwundert es nicht, dass der Song immer wieder mal als inoffizielle Nationalhymne der USA bezeichnet wird – nicht die schlechteste Idee, wenn man ihn mit der offiziellen Hymne vergleicht.

Die lyrics:

Many’s the time I’ve been mistaken
And many times confused
Yes, and I’ve often felt forsaken
And certainly misused
Oh, but I’m all right, I’m all right
I’m just weary to my bones
Still, you don’t expect to be
Bright and bon vivant
So far away from home, so far away from home

I don’t know a soul who’s not been battered
I don’t have a friend who feels at ease
I don’t know a dream that’s not been shattered
Or driven to its knees
Oh, but it’s all right, it’s all right
For we lived so well so long
Still, when I think of the road
We’re traveling on
I wonder what went wrong
I can’t help it, I wonder what’s gone wrong

And I dreamed I was dying
And I dreamed that my soul rose unexpectedly
And looking back down at me
Smiled reassuringly
And I dreamed I was flying
And high above my eyes could clearly see
The Statue of Liberty
Sailing away to sea
And I dreamed I was flying

Oh, we come on the ship they call the Mayflower
We come on the ship that sailed the moon
We come in the age’s most uncertain hour
And sing an American tune
Oh, it’s all right, it’s all right
It’s all right, it’s all right
You can’t be forever blessed
Still, tomorrow’s going to be another working day
And I’m trying to get some rest
That’s all I’m trying to get some rest

Kommentare und Fakten zu dem Song:
http://www.songfacts.com/detail.php?id=7447

In concert:
http://www.youtube.com/watch?v=vBqCpd31JPA
Ein Ort aus Wahn und Schall
Genannt Schloss Schattenhall
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