Sehnsucht nach Elena von Joel Haahtela

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Emanuelle
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Registriert: Sa 1. Nov 2008, 10:13
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Sehnsucht nach Elena von Joel Haahtela

Beitrag von Emanuelle »

Sehnsucht nach Elena von Joel Haahtela

Der Autor: Joel Haahtela Jahrgang 1972, lebt als Schriftsteller und Psychiater mit seiner Familie in der Nähe von Helsinki. Seine bislang fünf Romane wurden u.a. für den renommierten Finnlandia-Preis nominiert. Leser und Kritiker begeistert an seinem ersten Roman "Der Schmetterlingssammler" seine Poesie und seine Leichtigkeit. "Sehnsucht nach Elena" ist sein zweiter Roman der auf Deutsch erscheint.

Der Klappentext: Dann sah ich sie im Licht des Morgens, hörte ihre Schritte auf dem Pflaster. Es kam mir vor, als würde ich sie ewig kennen, mein ganzes Leben.

In einem park sieht er die schöne fremde Frau zum ersten Mal. Durch einen Zufall gelangt eines ihrer Bücher in seinen Besitz, in dem ihr Name steht: Elena. Er fühlt sich ihr verbunden, möchte sie hören, riechen und fühlen. Vielleicht wollte das Schicksal es, dass sie in sein Leben tritt, die Begegnung mit ihr lässt ihn von einer fatalen Entscheidung Abstand nehmen. Jeden Tag wartet er unter den Kastanien im Park auf ihr Kommen, freut sich auf ihr Lächeln, ihren Gang. Doch eines Tages wartet er vergeblich auf Elena. Und entschließt sich, sie zu suchen. Es wird eine Reise zu ihr und an den Ursprung einer verzweifelnden Sehnsucht.

Meine Meinung: Ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen, so leicht und flüssig ist es geschrieben. Die Kapitel sind sehr kurz, gehen nie über 1-2 Seiten, man könnte meinen es wird ein Tagebuch geschrieben. Wenn man dieses Buch ließt befindet man sich in der Rolle des Beobachters, und geht mit dem Mann dessen Name nicht genannt wird, Schritt für Schritt an die Orte an denen er Elena trifft. Die Frage die sich die ganze Zeit über stellt ist, warum macht der Mann das? Warum verfolgt er Elena? Die Antwort erschließt sich natürlich zum Schluß, und stellt eine Tiefe dar, die ich so nicht erwartet habe. Gedanken von einem Stalker sind mir bei diesem Buch nie gekommen, dafür ist das Buch zu "sanft" geschrieben, zu schön. Ich dachte eher an Liebe auf den ersten Blick. Das Buch an sich ist sehr leicht und verständlich geschrieben, und zeigt was wahre Liebe doch bewirken kann. Es ist ein Buch, dass einen nachdenklich zurück läßt, aber auch sehr beeindruckend, in Bezug auf das Miteinander. Ein sehr beeindruckendes Buch.
Meine Bücher
Ein Haus ohne Bücher ist ein leeres Haus.
sillesoeren
Beiträge: 22
Registriert: Sa 8. Nov 2008, 17:02

So viel Leid bringt die Liebe zu einem unerreichbaren Mensch

Beitrag von sillesoeren »

Ein dringender Rat an andere Leser: Diese Inhaltsangabe auf dem Cover verrät schon viel zu viel.

Spannender wäre die Lektüre für mich gewesen, wenn ich durch die ersten beiden Kapitel hindurch wirklich noch geglaubt hätte, es mit einem jungen Stalker zu tun zu haben. Denn erst auf den letzten Seiten stellt sich heraus, warum der Erzähler so fasziniert von Elena ist und wie harmlos seine Sehnsucht nach ihr ist.

Dieses Buch ist wundervoll. Die kurzen Kapitel bringen die sprunghaften Gefühle des Erzählers zum Ausdruck. Ich habe gar nicht gemerkt, wie schnell ich in der Mitte des Buches war und habe es dann in einem Schwung fertig gelesen. Das hübsche Lesebändchen war daher während meiner Lektüre arbeitslos. Bestimmt werde ich "Sehnsucht nach Elena" noch ein zweites Mal lesen, es hat mich sehr beeindruckt. Der Stil ist poetisch und gefühlvoll, ich habe das Buch häufig mit Tränen in den Augen gelesen. Wieviel Sehnsucht und Melancholie ein Autor in mein Herz bringen kann, war mir vor dieser Lektüre nicht klar. Das Buch war mir ein echtes Weihnachtsgeschenk, es hat mir geholfen, meine eigenen Herzensdinge beherzt anzugehen und in einem größeren Kontext zu betrachten.

Danke, Joel, für diese hinreißende Leseerfahrung!
brasida
Beiträge: 32
Registriert: Mi 3. Dez 2008, 15:55

Wenn es schneit, fällt Stille nieder

Beitrag von brasida »

Inhalt:
Ein alter Mann berichtet in der Art eines Tagebuchs von seinen Begegnungen mit einer jungen Frau.
Angefangen mit der ersten zufälligen Begegnung im Park, versucht er mehr über diese Frau heraus zu bekommen. Er beobachtet sie täglich, bringt ihren Namen -Elena- in Erfahrung und folgt ihr bis nach Hause. Jede dieser kleinen Begegnungen ist ihm eine Erwähnung wert.
Doch was steckt hinter seiner Faszination für diese junge Frau?

Meine Meinung:
"Sehnsucht nach Elena" ist ein Buch von gerade einmal 152 Seiten, die teilweise auch nur zur Hälfte beschrieben sind. Die ersten 120 Seiten handeln von den Begegnungen mit Elena, bzw. der Suche nach ihr. Meine erste Reaktion auf dieses Buch war daher etwas enttäuschend, da ich in der Handlung keinen wirklichen Verlauf, sondern eher Eintönigkeit sah.
Doch die letzten 30 Seiten haben einen ganz anderen Klang.
Der Leser wird eingeweiht in das Geheimnis um die Sehnsucht nach Elena.
Durch diese Offenbarung bekommen auch die ersten 120 Seiten einen ganz anderen Geschmack.
Vormals hatte die Geschichte eines alten Mannes, der ein junges Mädchen beobachtet, einen ziemlich faden Beigeschmack für mich. Doch Elena ist eigentlich nur ein Synonym für die Vergangenheit und so gewann auch die Geschichte für mich eine andere Bedeutung.
Ich kann daher nur jedem Leser empfehlen, dieses Buch bis zum Ende zu lesen und nicht vorher mangels Spannung oder Abwechslung aufzugeben.
Joel Haahtela findet schöne Worte für das was wir eigentlich täglich vor Augen haben. Sei es die einfache Beschreibung eines Schmetterlings an einem Sommertag, oder auch den Schnee der Stille über die Stadt bringt. Gleichzeitig scheinen diese Beschreibungen jedoch auch Symbole für den Gemütszustand des alten Mannes zu sein und so wird man sicherlich auch noch bei einem erneuten lesen des (leider sehr dünnen) Buchs noch Neues entdecken können.
Wer stille Geschichten mag, wird hier sicherlich ein neues Lieblingsbuch gefunden haben.
Stimmig zur Handlung finde ich auch den Titel und das Cover des Buchs. Der aufklarende Himmel in Anwesenheit des Regenschirms spiegelt auch ein wenig den Charakter des Buchs wieder (auch wenn die junge Frau auf dem Cover nicht der Beschreibung von Elena entspricht).
Das Buch ist herausgegeben in der Reihe "Piper Nordiska", was jedoch keinen Bezug zum Genre, sondern lediglich zum Herkunftsland des Autors wiedergibt.

Fazit:
Ein melancholisches Buch für einen ruhigen Abend, das erst am Ende seinen Geist offenbart.
LilStar
Beiträge: 50
Registriert: Do 13. Nov 2008, 16:35

Beitrag von LilStar »

Nachdem ich vor einiger Zeit die Leseprobe zu "Sehnsucht nach Elena" gelesen hatte, war ich zunächst einmal wenig begeistert. Es kam mir vor, wie die 08/15-Geschichte eines Stalkers. Glücklicherweise lag ich damit komplett daneben.

In "Sehnsucht nach Elena" geht es um das Leben der Studentin Elena, das sich außerhalb ihres Sichtfeldes abspielt. Außerhalb dessen, was sie bewusst wahrnimmt. Das sagt uns jedenfalls Ich-Erzähler des Buches. Aber eigentlich erzählt das Buch die Geschichte eines Mannes, der auf schmerzvolle Art seine Vergangenheit zu bewältigen versucht und als er kurz vor dem Scheitern steht ... trifft er Elena.

Der Leser liest die Geschichte aus der Sicht des Ich-Erzählers und bekommt die Information, worum es in dieser Geschichte wirklich geht, nur spärlich. Nämlich so, wie sich der Ich-Erzähler, von dem wir übrigens keinen Namen erfahren, selbst seiner eigenen Vergangenheit stellen wird. Deswegen erweckt dieses Buch zunächst auch einen falschen Eindruck beim Leser, aber das ist wohl so gewollt und macht das ganze auch noch spannender.

Generell strotzt dieses Buch nur so vor Poetik und Symbolik. Haahtela hat eine wunderschöne Geschichte über das Leben und seine Vergänglichkeit geschrieben. Über die Psyche des Menschen und seine merkwürdigen ausflüchte, wenn man mit schlimmen Situationen einfach überfordert ist und alles nicht mehr verarbeiten kann. Die Charaktere sind dabei nur zweitrangig, deswegen erfahren wir über sie auch nur gerade so viel wie nötig ist um zu begreifen, wie eine zufällige Begegnung mit einer völlig fremden Person einem das Leben retten kann.

Insgesamt ein sehr, sehr schönes Buch, welches schnell zu lesen ist, was sicherlich auch an den wirklich kurzen Kapiteln liegt. Allerdings sollte man sich schon ein wenig Zeit dafür nehmen, denn schnelle Leseeindrücke sind ebenso vergänglich wie auch alles andere im Leben.
Keksigirl
Beiträge: 25
Registriert: Do 6. Nov 2008, 14:47

Beitrag von Keksigirl »

Ein Moment, der ein Leben verändert

Inhalt:

Wer hat noch nicht von einem Moment gehört, der ein Leben für immer ändert? Genau einen solchen Moment erlebt ein Mann in "Sehnsucht nach Elena".
Eines morgens weicht er von seiner gewöhnlichen Route - 7. Station aussteigen, vorbei am Busbahnhof, der Sternenwarte und dem Gemüsehändler - ab und kommt in einen Park. Dort sieht er eine junge Frau die ihm gleich vertraut erscheint und eine unstillbare Sehnsucht in ihm weckt. Jeden Morgen verbringt er seitdem im Park und als die Frau - Elena heißt sie erfährt er durch Zufall - plötzlich nicht mehr kommt bringt ihn diese Sehnsucht komplett aus dem Konzept. Er beschließt sie zu suchen und findet den Ursprung seiner Sehnsucht in seiner eigenen Vergangenheit...

Meine Meinung:

Der Leser wird durch einen namenlosen Ich-Erzähler durch das Geschehen geführt, die täglichen Erlebnisse dieses Erzählers werden geschildert. Die Kapitel sind jeweils sehr kurz und so entsteht der Eindruck in einem Tagebuch zu lesen.
Der Autor bedient sich einer gefühlvollen, zärtlichen und modernen Sprache die alle Sinne anspricht und poetisch & rührend das Gefühlsleben des Mannes überträgt.
Die Protagonisten lernt man aufgrund der Erzählweise anhand unterschiedlicher Gesichtspunkte kennen. Während man bei dem Mann nur hinter die Fassade schauen und seine Gefühle und Gedanken komplett einsehen kann, erfährt man von Elena nur, was der Mann sieht oder über sie denkt.
Der Mann ist gewissenhaft, einsam und hält eigentlich stets an seiner Routine fest. Das zeigt sich darin, dass allein in den ersten 10 Kapiteln mehrfach der Weg am Busdepot, der Sternenwarte und dem Gemüsehändler vorbei, erwähnt wird. Jede kleine Änderung wirft ihn normal komplett aus der Bahn, Halt findet er dann aber in seiner enormen Sehnsucht nach Elena.
Die Handlung ist klar und strukuriert, sie umfasst einen Zeitraum von etwas einem Jahr. Größere Zeitsprünge stören hierbei nicht, da man die wichtigsten Ereignisse von der erlebenden Person selbst geschildert bekommt.
Man weiß lange nicht warum der Mann Elena so verehrt, ob es Liebe auf den ersten Blick war oder er einfach psychisch krank ist. Nach und Nach wird das Geheimnis des Mannes gelüftet, jedes Kapitel enthält ein weiteres Steinchen und diese Steinchen bilden dann am Ende ein geordnetes Mosaik des Lebens des Mannes.
Die Gestaltung des Covers ist perfekt auf den Inhalt abgestimmt, sowohl das Geheimnisvolle an Elena, als auch die große Sehnsucht die im Buch enthalten ist werden übertragen. Denn die Frau dreht den Rücken zu den Lesern und blickt melancholisch auf's Meer hinaus.

Fazit:

Mit nur 152 Seiten ist es dem Autor gelungen den Leser zu fesseln und zu überzeugen.
Ein Buch, das den Leser berührt, aber auch zum Nachdenken anregt. Vor allem aber ein Roman, der einem zeigt, das oftmals ganz andere Sachen hinter einer Handlungsweise stecken als man denkt und das verdeutlicht, dass ein einziger Moment alles ändern kann.
Weeth
Beiträge: 8
Registriert: Fr 13. Feb 2009, 16:38

Beitrag von Weeth »

Ein Buch, das mitten ins Herz trifft

"Sehnsucht nach Elena" ist ein Buch, das den Leser mitten ins Herz trifft und auch die Seele anspricht.

Der Ich-Erzähler (man erfährt seinen Namen nicht) sieht im Park eine junge Frau und ist seitdem wie verzaubert von ihr. Fast täglich geht er wieder in den Park und wartet auf sie, eines Tages erfährt er sogar ihren Namen: Elena. Als Elena dann mehrere Tage nicht kommt ist der verzweifelt und betrübt und beschließt nach Elena zu suchen...

Natürlich fragt man sich, was steckt dahinter. Ist der Mann psychisch krank? Oder einfach nur verliebt? Was sind seine Beweggründe? Das Buch kann all diese Fragen klären, denn hinter seiner Sehnsucht nach Elena steckt eine ganz andere Sehnsucht.

Ein Buch, das einen berührt und das einen auch nach dem Lesen noch beschäftigt. Voller Gefühl und Sehnsucht und absolut empfehlenswert.
Stephi
Beiträge: 15
Registriert: Fr 6. Mär 2009, 16:46

Beitrag von Stephi »

Es ist schwer, etwas über dieses Buch zu sagen. Jedes Wort scheint zu viel zu verraten.

Vielleicht nur soviel: Der Ich-Erzähler berichtet in einer Art Telegrammstil von seinem Leben, in dem die junge Elena eine wichtige Rolle spielt. Er sieht sie eines Tages zufällig im Park und seine Lebensaufgabe besteht fortan ausschließlich darin, sie wiederzusehen. Jeden Tag geht er morgens in den Park, nur um den kurzen Augenblick zu genießen, in dem sie an ihm vorbei geht. Sie beachtet ihn nicht, redet nicht mit ihm und weiß vermutlich nicht einmal, dass er existiert.

In einem Großteil des Buches verfolgt der Erzähler nur das Ziel, Elena so oft wie möglich zu sehen. Ein einziger Blick genügt, um seine Sehnsucht zu stillen, was für mich als Leser lange Zeit recht irritierend war, da ich den Sinn dahinter nicht nachvollziehen konnte.
Dies ändert sich schlagartig in einem der letzten Kapitel. Hier wird schließlich der Hintergrund aufgeklärt und plötzlich ergibt alles einen Sinn. Ich möchte an dieser Stelle nicht genauer darauf eingehen, da ich auf keinen Fall zu viel vom Inhalt verraten möchte.

Was ich allerdings noch anbringen kann, ist, dass ?Sehnsucht nach Elena" ein sehr tiefgründiges und bewegendes Buch ist, was im Endeffekt viel mehr ist, als es vielleicht im ersten Moment zu sein scheint.

Es lohnt sich absolut, dieses im Umfang recht knappe Buch zu lesen, was sich auch durch seine extrem kurzen Kapitel von überwiegend nicht einmal zwei Seiten auszeichnet. Dies ist anfangs zugegebenermaßen etwas verwirrend, allerdings unterstützt es den Stil des Buches und vermittelt den Eindruck, eine Art Tagebuch zu lesen, was sehr gut zu den Geschehnissen passt.

Sehr gerne würde ich noch viel mehr über das Buch schreiben, über das, was es leistet, über das bewegende Ende. Doch es wäre sehr ungerecht, die Wirkung des letzten Abschnitts zu zerstören und zu viel vorweg zu nehmen. Es bleibt mir so nicht viel mehr, als das Buch allen den Lesern zu empfehlen, die ruhige, bewegende und tiefgründige Geschichten mögen und mit dem Ich-Erzähler zusammen die Sehnsucht nach Elena erleben möchten.
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