Alice Schwarzer, Chantal Louis (Hrsg.) Transsexualität. Was ist ein Mann? Was ist eine Frau? Eine Streitschrift

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Waldemar Beinschab
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Alice Schwarzer, Chantal Louis (Hrsg.) Transsexualität. Was ist ein Mann? Was ist eine Frau? Eine Streitschrift

Beitrag von Waldemar Beinschab »

Feminismusikone Schwarzer gibt sich zwar derzeit als eher unbedarfte und weltfremde Pazifistin, hat aber mit "Transsexualität" (gemeinsam mit Chantal Louis) eine durchaus beachtenswerte Streitschrift herausgegeben, in der sie und anderen Autoren, darunter auch selbst betroffene Eltern, auf die Problematik des derzeitigen regelrechten Trends zur Transsexualität hinweist. Dabei werden u.a. die zwielichtige Rolle von allerhand Influencern (u.a. Ellen Page). des Sexualkundeunterrichts an der Schule, der eher Transpropaganda gleicht, des öffentlich-rechtlichen Fernsehens (ZDF; ARD) und fast ausschließlich affermativer Psychotherapien, die es vollkommen verabsäumen, danach zu forschen, ob die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper auch andere Ursachen (z.B. Autismus, Depression) haben könnte, thematisiert. Ferner wird die Hilflosigkeit der Eltern, die plötzlich mit einem Kind konfrontiert sind, das behauptet, es stecke im falschen Körper, und das Leid jener, die später erkennen, daß sie doch im richtigen Körper steckten, nun aber operiert sind (und z.B. keine Kinder mehr bekommen können) angesproc hen.
Das alles, sachlich und ohne Ressentiments gegen Transsexuelle vorgetragen, ist soweit interessant und verdienstvoll. Problematisch wird es aber, wenn es um die Ursachen des Transtrends geht, der vor allem auf Mädchen zu wirken scheint. Schwarzer sieht die Ursache dafür in der Tatsache, daß viele jugentliche Mädchen beunruhigt sind, weil ihnen Brüste wachsen und ihre wollüstigen Klassenkameraden (oder andere Männer) auch noch begehrliche Blicke darauf werfen. Man fragt sich, ob es sich hier um die keuschen Insassinnen einer Klosterschule der 1950er Jahre handelt. Diese Einschätzung der Ursache des Phänomens steht dabei auch in diametralem Gegensatz zu Büchern anderen Fefminstinnen (bspw. Katja Lewins "Sie hat Bock"), die über das weibliche Begehren schreiben, das angeblich nicht weniger stark ist als das männliche. Somit entsteht der Eindruck, Schwarzer mache es sich leicht, erkläre wieder einmal Mädchen zu hilflosen Opfern und (heterosexuelle) Männern zu ruchlosen Unholden.
Worin kann aber sonst die Ursache für diesen absonderlichen Trend gesehen werden? Nüchtern betrachtet handelt es sich um eine Art extremen Aktivismus, wie den Klimaaktivismus (auch dort sind Mädchen führend, vgl. Thunberg, Neubauer, Seidl u.a.), der sich ja ebenfalls gegen ältere Generationen richtet. Aktivisismus als Jugendrebellion also, Nur, daß aus einem Punk später ohne Weiteres ein Bankdirektor werden kann, die Folgen einer Transition aber, wie Schwarzer und Co. erläutern, irreperabel sind.
Insgesamt also ein Buch, dessen Lektüre lohnt, das aber nicht frei ist von Schwächen.
Kiepenheuer & Witsch, 2022
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spiralnebel111
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Re: Alice Schwarzer, Chantal Louis (Hrsg.) Transsexualität. Was ist ein Mann? Was ist eine Frau? Eine Streitschrift

Beitrag von spiralnebel111 »

Klingt so, als wäre es für dieses Buch Zeit gewesen.
Ich glaube unser kritikarmer Medienwahn, und dessen unterschätzer Einfluß steckt dahinter.
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