Jochen Stadler: Kind braucht Hund. Wie sie beste Freunde werden

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Vandam
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Jochen Stadler: Kind braucht Hund. Wie sie beste Freunde werden

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Jochen Stadler: Kind braucht Hund. Wie sie beste Freunde werden (ab 12 J.), Salzburg – München 2021, Ecowin bei Benevento Publishing, ISBN 978-3 7110-0291-4, Hardcover mit Schutzumschlag, 205 Seiten, 15,1 x 2,1 x 21,3 cm, Buch: EUR 24,00, Kindle EUR 18,99.

„Es gibt triftige Gründe, Kindern [den Wunsch nach einem Hund] zu erfüllen. Hunde tun ihnen gut. Kinder, die mit dem besten Freund des Menschen aufwachsen, sind gesünder, weniger schüchtern oder überdreht und können besser mit stressigen Situationen umgehen. Sie lernen leichter und haben ein feineres Einfühlungsvermögen als ihre Altersgenossen, die keine Fellnasen zum Partner haben.“ (Seite 13)

So ganz klar ist mir nicht, wieso der Verlag die Altersangabe „ab 12“ macht. Dieses Sachbuch wendet sich nicht primär an Kinder und Jugendliche. Die wären von manchen Ausführungen vermutlich überfordert. Wenn sie sich trotzdem durch das Buch kämpfen, finden sie dort viele Argumente, die für die Anschaffung eines Familienhundes sprechen. Welcher Erziehungsberechtigte könnte dieser Fülle von Vorteilen schon widerstehen, die der Autor einem Leben mit Hund bescheinigt?

Warum Kinder Hunde brauchen
Natürlich erzählt Jochen Stadler hier nicht irgendwas, nur weil die Kinder das hören wollen. Er ist Hunde-Experte, hat sorgfältig recherchiert und er präsentiert uns im Anhang eine umfangreiche Liste mit Quellenangaben. Außerdem ist er ein Freund der Statistik. Was immer er behauptet, kann er mit einer Studie und Zahlen belegen. Mir gibt sowas immer ein gutes Gefühl.

Ich glaube ihm also unbesehen, dass 99,3% aller Kinder ein Haustier wollen, am liebsten einen Hund. Auf welche Weise Kinder von Hunden profitieren, dröselt er uns im ersten Kapitel auf. Dass der „sachgerechte“ Umgang mit einem Hund die Kommunikationsfähigkeit, die Körperwahrnehmung und das soziale Handeln fördert, leuchtet ein. Auch der Gesundheit und der emotionalen Entwicklung sind Hunde zuträglich. Und das sind nur ein paar Punkte von vielen. Der Autor erklärt das alles sehr anschaulich.

Wie gefährlich sind Hunde?
Wenn da nur nicht die immer wiederkehrenden Meldungen in den Medien wären, dass wieder irgendwo ein Hund ein Kind gebissen hat! Das gibt es natürlich. Und bei kleinen Kindern ist so eine Bissverletzung deswegen oft lebensbedrohlich, weil der Hund sie aufgrund ihrer geringen Körpergröße im Gesicht, im Nacken oder am Oberkörper erwischt. „Die gute Nachricht ist aber auf jeden Fall: Hundebisse, die größere Verletzungen verursachen oder sogar gefährlich werden können, sind bei Kindern sehr selten, und die Zahl der Betroffenen wird Jahr für Jahr geringer, auch wenn die Medienberichte oft einen anderen Eindruck hinterlassen.“ (Seite 44)

Natürlich muss man wissen, was man tut und darf Kleinkinder niemals unbeaufsichtigt mit dem Tier alleine lassen. Mensch und Hund brauchen erst Grundkenntnisse im Umgang miteinander um vernünftig interagieren zu können. Wenn der Mensch die Signale des Familienhundes lesen kann und seine Grenzen respektiert, hält sich die Gefahr in Grenzen. Der Autor beruft sich auf die Statistik: „Treppen und Bücherregale sind [...] weit gefährlicher als Hunde [...], schaffen es aber trotzdem kaum als Missetäter in die Schlagzeilen.“ (Seite 61)

Kleine Hundekunde
Leider lernt man „hundisch“ nur schwer aus einem Buch. Die eine oder andere Hundekundestunde mit einem erfahrenen Menschen und einem leibhaftigen Tier wäre einprägsamer. Aber dieses Kapitel ist zumindest mal ein Anfang. Wir lernen ein paar wichtige „Dos and Don'ts“ im Umgang mit dem Hund sowie den Basiswortschatz der „Hundesprache“ – verbal wie nonverbal. Da läuft ja vieles über Körpersignale.

Theoretisch ist mir das schon klar, aber ich habe mich tatsächlich gefragt, ob’s irgendwo Anfängerkurse für angehende Hundehalter:innen gibt. Ich würde manches „am lebenden Objekt“ sehen wollen, um es wirklich zu begreifen.

„Gut abgerichtet kann der Mensch der beste Freund des Hundes sein.“ – Corey Ford, Humorist. (Seite 145)

Der optimale Familienhund
Und wie kommt man nun an den Hund, der am besten zu einem passt? Empfehlung des Autors: „Der optimale Familienhund ist mittelgroß bis groß. [...] Am besten kauft man die Fellnase, [...] bevor das erste Baby auf der Welt ist und sucht sich einen guten und seriösen Züchter aus.“ (Seite 113)

Wie das im einzelnen vor sich geht und was man tun und beachten sollte, erfahren wir in diesem Kapitel. Unter anderem geht es hier auch darum, welche Risiken es bergen kann, wenn man sich einen Hund aus dem Tierheim holt. Das ist an und für sich ein löbliches Unterfangen, aber der Autor findet, wenn man so etwas tut, sollte man sich gut mit Tieren und ihrem Verhalten auskennen und keine kleinen Kinder haben. Ich kann das nicht bewerten, ich gebe es hier nur wieder.

Was Hunde lernen müssen
Nicht nur der Mensch braucht „Umgangsformen“, um mit dem Hund klarzukommen, auch der Welpe muss einiges lernen. Da ist es wichtig, dass schon der Züchter ihn mit allem vertraut macht, womit er es später zu tun bekommen wird: Babys, Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Senioren ... Menschen mit Brillen, mit Hut, mit Schirm, mit Regenmantel, mit Kinderwagen, Gehstock, Fahrrad, Rollator ... Und das Lernen geht bei der Familie, in die der Welpe schließlich kommt, natürlich weiter.

So eine Hundeerziehung ist ein anspruchsvolles Programm. Auch da gibt’s eine Menge „Dos and Don’ts“. Manche Übungen können Kinder mit dem Hund machen, ihm vielleicht sogar ein paar amüsante Tricks beibringen, aber natürlich unter Anleitung und Supervision durch Erwachsene.

Kind und Hund im Alltag
Beide Seiten müssen schon einige Lektionen gelernt und begriffen haben, ehe man Kind und Hund alleine „Gassi“ schicken kann. Und man sollte eines nicht vergessen: Die Verantwortung für den Hund – gesetzlich und moralisch – trägt der Erwachsene. Es ist toll, wenn junge Zweibeiner sich liebevoll und pflichtbewusst um ihren tierischen Freund kümmern, aber sie sollten immer eine schützende Hand über sich und ihrem Tier wissen.

*****

Auch wenn ich ein Katzenmensch bin und Jochen Stadler aufs Wort glaube, wenn er sagt: „Es ist tatsächlich zu mehr als der Hälfte genetisch festgelegt, ob jemand ein Hundefreund ist oder nicht“ (Seite 14), lese ich seine Bücher gern. Kompetent, unterhaltsam, klar und verständlich – so stelle ich mir ein Sachbuch für interessierte Laien vor. Allein mit diesem Buch würde ich es mir zwar nicht zutrauen, Kind und Hund zusammenzuführen, aber hundeaffine und -erfahrene Menschen finden hier mit Sicherheit wertvolle Informationen und Anregungen.

Falls Leser:innen aus Deutschland und der Schweiz sich über ungewohnte Formulierungen in dem Buch wundern sollten: Dies ist ein österreichischer Autor und ein österreichischer Verlag, und in unserer gemeinsamen Sprache gibt’s nun mal kleine Unterschiede.

Der Autor

Jochen Stadler ist Biologe und schreibt als Wissenschaftsjournalist für die Austria Presse Agentur, das Wochenmagazin profil und das Wissenschaftsmagazin heureka. Er bildet seine Flat-Coated-Retriever-Hündin Kleo zum Rettungshund für den Wasser- und den Landeinsatz aus.
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