SF-Reihe "Das gefallene Imperium" von Stefan Burban
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Re: SF-Reihe "Das gefallene Imperium" von Stefan Burban
In diesem Video stelle ich den ersten Band des Imperium-Spin-Offs "Codename Ganymed" vor. Der Titel lautet: "Jenseits von Gut und Böse":
https://www.youtube.com/watch?v=jSDd_dmSKGA
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Re: SF-Reihe "Das gefallene Imperium" von Stefan Burban
Nach langer Zeit hier mal wieder eine Leseprobe zum Roman "Das gefallene Imperium 1: Die letzte Bastion":
»Das Imperium ist Geschichte«, wiederholte Carlo mit fester Stimme. »Alle von uns gesammelten Daten lassen nur diesen einen Schluss zu. Wir haben drei Schiffe ausgesandt. Nur zwei sind zurückgekehrt. Das al lein ist schon ein Grund für Trauer. An Bord der EUROPA haben wir gute Leute verloren. Eigentlich war beabsichtigt, dass jedes ausgesandte Schiff fünf Systeme aufklären soll. Keinem unserer Schiffe ist es gelun gen, den Auftrag in vollem Umfang durchzuführen. Trotz des Verlusts der EUROPA haben wir es geschafft, insgesamt neun Systeme anzufliegen. Das Bild, das sich uns bot, ist gelinde gesagt erschreckend. Marianna ist zerstört, genauso wie vier weitere von uns angeflogene Welten, Nerkan III ist gefallen, Vector Prime wird immer noch umkämpft, wird sich auf Dauer aber nicht halten können. Bei aller Tragik, der wir uns gegenübersehen, es gibt auch einen Licht blick. Unseren Schiffen – denjenigen, die zurückgekommen sind – ist es gelungen, Überlebende zu finden und zu uns zu führen. Bei Nerkan III ist es uns gelungen, mehrere Schiffe und deren Besatzungen zu retten. Die Besatzung der EUROPA hat dies unglücklicherweise mit ihrem Leben bezahlt. In anderen Systemen haben wir weitere Schiffe vorgefunden, in einem Fall sogar einen Truppentransporter mit den Überlebenden der 8. Legion. Es waren leider weniger als siebenhundert Mann.« Kollektives Keuchen machte die Runde. Kaum einer vermochte sich ein Massaker vorzustellen, das eine ganze Legion auf eine solche Stärke 168 zusammenschmelzen ließ. Das Ausmaß der Katastrophe war unvorstell bar. »Alles in allem haben wir siebzehn Schiffe unterschiedlicher Klassen zu unserer Streitmacht hinzugewonnen – das ist nicht viel, aber wir müs sen uns auch über Kleinigkeiten freuen –, außerdem noch die geretteten Legionäre und eine Anzahl Milizionäre, die die VENGEANCE und die JULIUS CAESAR in mehreren Zielsystemen auflesen konnten.« Er wandte sich an seinen Stellvertreter. »René, du kümmerst dich um die Überlebenden der 8. Legion und in tegrierst sie in die 18. Damit füllen wir einige der Löcher, die es noch immer gibt. Wir kommen damit zwar immer noch nicht auf Sollstärke, sind jedoch schon ein gehöriges Stück näher dran.« René nickte und machte sich im Geiste bereits einige Notizen. Carlo sprach nun ohne Umschweife Lecomte an. »Sie tun dasselbe bei den ge retteten Milizionären. Wir können im Moment alle Hilfe gebrauchen, die wir bekommen können.« »Hilfe wobei?«, ergriff Cavanaugh das Wort. »Wie bitte?« »Die Drizil wissen nicht, wo wir sind …« »Soweit wir wissen«, unterbrach Carlo ihn ungehalten. »Die Situation ist unverändert. Die Drizil könnten tatsächlich nicht wissen, wo wir sind, genauso gut könnten sie jederzeit auf unserer Türschwelle erschei nen.« »Das sind doch nur alles Spekulationen.« »Natürlich«, gab Carlo ihm widerwillig recht, »doch etwas anderes ha ben wir nicht. Unsere ganzen Entscheidungen, die wir heute treffen müs sen, beruhen auf Spekulationen. Wir wissen lediglich eines: Unser Sektor steht allein da, und zwar vollkommen allein. Es gibt keine funktionieren de Regierung mehr. Die Drizil sind lediglich mit Aufräumarbeiten be schäftigt.« »Ein Grund mehr, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren.«
»Das Imperium ist Geschichte«, wiederholte Carlo mit fester Stimme. »Alle von uns gesammelten Daten lassen nur diesen einen Schluss zu. Wir haben drei Schiffe ausgesandt. Nur zwei sind zurückgekehrt. Das al lein ist schon ein Grund für Trauer. An Bord der EUROPA haben wir gute Leute verloren. Eigentlich war beabsichtigt, dass jedes ausgesandte Schiff fünf Systeme aufklären soll. Keinem unserer Schiffe ist es gelun gen, den Auftrag in vollem Umfang durchzuführen. Trotz des Verlusts der EUROPA haben wir es geschafft, insgesamt neun Systeme anzufliegen. Das Bild, das sich uns bot, ist gelinde gesagt erschreckend. Marianna ist zerstört, genauso wie vier weitere von uns angeflogene Welten, Nerkan III ist gefallen, Vector Prime wird immer noch umkämpft, wird sich auf Dauer aber nicht halten können. Bei aller Tragik, der wir uns gegenübersehen, es gibt auch einen Licht blick. Unseren Schiffen – denjenigen, die zurückgekommen sind – ist es gelungen, Überlebende zu finden und zu uns zu führen. Bei Nerkan III ist es uns gelungen, mehrere Schiffe und deren Besatzungen zu retten. Die Besatzung der EUROPA hat dies unglücklicherweise mit ihrem Leben bezahlt. In anderen Systemen haben wir weitere Schiffe vorgefunden, in einem Fall sogar einen Truppentransporter mit den Überlebenden der 8. Legion. Es waren leider weniger als siebenhundert Mann.« Kollektives Keuchen machte die Runde. Kaum einer vermochte sich ein Massaker vorzustellen, das eine ganze Legion auf eine solche Stärke 168 zusammenschmelzen ließ. Das Ausmaß der Katastrophe war unvorstell bar. »Alles in allem haben wir siebzehn Schiffe unterschiedlicher Klassen zu unserer Streitmacht hinzugewonnen – das ist nicht viel, aber wir müs sen uns auch über Kleinigkeiten freuen –, außerdem noch die geretteten Legionäre und eine Anzahl Milizionäre, die die VENGEANCE und die JULIUS CAESAR in mehreren Zielsystemen auflesen konnten.« Er wandte sich an seinen Stellvertreter. »René, du kümmerst dich um die Überlebenden der 8. Legion und in tegrierst sie in die 18. Damit füllen wir einige der Löcher, die es noch immer gibt. Wir kommen damit zwar immer noch nicht auf Sollstärke, sind jedoch schon ein gehöriges Stück näher dran.« René nickte und machte sich im Geiste bereits einige Notizen. Carlo sprach nun ohne Umschweife Lecomte an. »Sie tun dasselbe bei den ge retteten Milizionären. Wir können im Moment alle Hilfe gebrauchen, die wir bekommen können.« »Hilfe wobei?«, ergriff Cavanaugh das Wort. »Wie bitte?« »Die Drizil wissen nicht, wo wir sind …« »Soweit wir wissen«, unterbrach Carlo ihn ungehalten. »Die Situation ist unverändert. Die Drizil könnten tatsächlich nicht wissen, wo wir sind, genauso gut könnten sie jederzeit auf unserer Türschwelle erschei nen.« »Das sind doch nur alles Spekulationen.« »Natürlich«, gab Carlo ihm widerwillig recht, »doch etwas anderes ha ben wir nicht. Unsere ganzen Entscheidungen, die wir heute treffen müs sen, beruhen auf Spekulationen. Wir wissen lediglich eines: Unser Sektor steht allein da, und zwar vollkommen allein. Es gibt keine funktionieren de Regierung mehr. Die Drizil sind lediglich mit Aufräumarbeiten be schäftigt.« »Ein Grund mehr, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren.«
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Re: SF-Reihe "Das gefallene Imperium" von Stefan Burban
Das große Finale. Der 6. und letzte Teil des Imperiums-Spin-Off "Codename Ganymed" ist ab sofort unter dem Titel "Hades wartet" als Ebook erhältlich:
https://www.amazon.de/dp/B0CH7CL5JW/ref ... C69&sr=1-6
Klappentext:
Endlich kommt ans Tageslicht, was es mit dem Ganymed-Projekt wirklich auf sich hat. Der perfide Plan der Hinrady nimmt gefährliche Züge an.
Als Konteradmiral Langs Flotte und die 21. Irreguläre Legion über der republikanischen Geheimbasis aus dem Hyperraum kommen, steht das System bereits unter Belagerung. Eine gewaltige Streitmacht des Feindes war zuerst vor Ort und hat schreckliche Verwüstungen angerichtet. Die zu gleichen Teilen aus Einheiten der Drizil und der Republik zusammengesetzten Wachverbände wurden bereits schwer dezimiert und befinden sich auf dem Rückzug.
Was sich aber noch verheerender auswirkt, die Hinrady haben schon Kontrolle über das Ganymed-Projekt erlangt. Und dieses Mal können die Todfeinde der Menschheit vielleicht nicht aufgehalten werden …
https://www.amazon.de/dp/B0CH7CL5JW/ref ... C69&sr=1-6
Klappentext:
Endlich kommt ans Tageslicht, was es mit dem Ganymed-Projekt wirklich auf sich hat. Der perfide Plan der Hinrady nimmt gefährliche Züge an.
Als Konteradmiral Langs Flotte und die 21. Irreguläre Legion über der republikanischen Geheimbasis aus dem Hyperraum kommen, steht das System bereits unter Belagerung. Eine gewaltige Streitmacht des Feindes war zuerst vor Ort und hat schreckliche Verwüstungen angerichtet. Die zu gleichen Teilen aus Einheiten der Drizil und der Republik zusammengesetzten Wachverbände wurden bereits schwer dezimiert und befinden sich auf dem Rückzug.
Was sich aber noch verheerender auswirkt, die Hinrady haben schon Kontrolle über das Ganymed-Projekt erlangt. Und dieses Mal können die Todfeinde der Menschheit vielleicht nicht aufgehalten werden …
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Re: SF-Reihe "Das gefallene Imperium" von Stefan Burban
Es ist soweit. Der 5. Teil des Imperium-Spin-Offs "Codename Ganymed" ist unter dem Titel "Kriegsmoral" als Hörbuch im Handel erschienen. Das Werk wurde produziert von Wunderkind Audiobooks und wird gelesen von Matthias Lühn.
https://www.amazon.de/Das-gefallene-Imp ... 751&sr=1-1
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Re: SF-Reihe "Das gefallene Imperium" von Stefan Burban
Ab sofort ist der 6. und abschließende Band des Imperiums-Spin-Off "Codename Ganymed" unter dem Titel "Hades wartet" als Hörbuch erhältlich. Das Werk wurde produziert von Wunderkind Audiobooks und wird gelesen von Matthias Lühn.
Klappentext:
Endlich kommt ans Tageslicht, was es mit dem Ganymed-Projekt wirklich auf sich hat. Der perfide Plan der Hinrady nimmt gefährliche Züge an.
Als Konteradmiral Langs Flotte und die 21. Irreguläre Legion über der republikanischen Geheimbasis aus dem Hyperraum kommen, steht das System bereits unter Belagerung. Eine gewaltige Streitmacht des Feindes war zuerst vor Ort und hat schreckliche Verwüstungen angerichtet. Die zu gleichen Teilen aus Einheiten der Drizil und der Republik zusammengesetzten Wachverbände wurden bereits schwer dezimiert und befinden sich auf dem Rückzug.
Was sich aber noch verheerender auswirkt, die Hinrady haben schon Kontrolle über das Ganymed-Projekt erlangt. Und dieses Mal können die Todfeinde der Menschheit vielleicht nicht aufgehalten werden …
https://www.amazon.de/Das-gefallene-Imp ... 373&sr=1-6
Klappentext:
Endlich kommt ans Tageslicht, was es mit dem Ganymed-Projekt wirklich auf sich hat. Der perfide Plan der Hinrady nimmt gefährliche Züge an.
Als Konteradmiral Langs Flotte und die 21. Irreguläre Legion über der republikanischen Geheimbasis aus dem Hyperraum kommen, steht das System bereits unter Belagerung. Eine gewaltige Streitmacht des Feindes war zuerst vor Ort und hat schreckliche Verwüstungen angerichtet. Die zu gleichen Teilen aus Einheiten der Drizil und der Republik zusammengesetzten Wachverbände wurden bereits schwer dezimiert und befinden sich auf dem Rückzug.
Was sich aber noch verheerender auswirkt, die Hinrady haben schon Kontrolle über das Ganymed-Projekt erlangt. Und dieses Mal können die Todfeinde der Menschheit vielleicht nicht aufgehalten werden …
https://www.amazon.de/Das-gefallene-Imp ... 373&sr=1-6
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Re: SF-Reihe "Das gefallene Imperium" von Stefan Burban
Wunderkind Audiobooks hat für alle Imperium Fans eine große Weihnachtsüberraschung herausgebracht. Das 6-teilige Imperiums-Spin-Off "Codename Ganymed" ist jetzt als Bundle erhältlich. Alle 6 Kurzhörbücher in einem. Also schnell zugreifen.
https://www.amazon.de/Das-gefallene-Imp ... C82&sr=8-7
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Re: SF-Reihe "Das gefallene Imperium" von Stefan Burban
Große März-Aktion: Für alle, die das Gefallene Imperium noch nicht kennen. Die Ebooks von Band 1, 2 und 3 für jeweils nur 99 Cent.
Mit den besten Wünschen des Atlantis Verlags und meiner Wenigkeit.
https://www.amazon.de/gp/product/B00FRO ... ype=ebooks
https://www.amazon.de/gp/product/B00XT3 ... ype=ebooks
https://www.amazon.de/gp/product/B01F14 ... ype=ebooks
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Re: SF-Reihe "Das gefallene Imperium" von Stefan Burban
Ab sofort sind bei Audible folgende meiner Hörbücher für alle Abonnenten im Abo-Preis enthalten. Sie können ohne Zusatzkosten direkt von der Homepage gestreamt werden:
Skull 1: Zu neuer Würde
Das gefallene Imperium 1: Die letzte Bastion
Der Ruul-Konflikt 1: Düstere Vorzeichen
Der Ruul-Konflikt : Nahende Finsternis
Die Chronik des großen Dämonenkrieges 1: Das Vermächtnis des Königs
Die Chronik der Falkenlegion 1: Aus der Asche
Die Templer im Schatten 1: Im Zeichen der Templer
Die Söldner 1: Söldnerehre
Skull 1: Zu neuer Würde
Das gefallene Imperium 1: Die letzte Bastion
Der Ruul-Konflikt 1: Düstere Vorzeichen
Der Ruul-Konflikt : Nahende Finsternis
Die Chronik des großen Dämonenkrieges 1: Das Vermächtnis des Königs
Die Chronik der Falkenlegion 1: Aus der Asche
Die Templer im Schatten 1: Im Zeichen der Templer
Die Söldner 1: Söldnerehre
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Re: SF-Reihe "Das gefallene Imperium" von Stefan Burban
Nächstes Jahr erscheint endlich der 11. Imperiumsband. Daher hier eine Leseprobe zu Band 1 "Die letzte Bastion":
Der Boden bäumte sich unter Captain Horatio Lestrade auf. Der drah-tige Offizier in der marineblauen Uniform der terranisch-imperialen Raumflotte hielt sich nur unter größten Mühen aufrecht.
Der Mann in Zivilkleidung mit dem schütteren Haar, der vor ihm auf dem Sessel saß, traktierte die Tastatur auf dem Tisch mit beiden Hän-den, als wolle er die Tasten in den Tisch hineinhämmern.
»Wie lange noch?«, fragte Lestrade gepresst.
»Bin gleich so weit«, erklärte der Mann aufs Höchste konzentriert und wischte sich einige Schweißperlen von der Stirn.
Lestrade gönnte dem Computer, der die ganze hintere Wand des Raumes einnahm, kaum einen Blick, obwohl dieser den Grund für sein Hiersein darstellte.
Eine weitere Explosion erschütterte die Militärbasis Luna drei in ih-ren Grundfesten. Dieses Mal konnte sich Lestrade nur aufrecht halten, weil er im letzten Moment nach der Sessellehne seines Gesprächspartners griff und sich mit den Fingernägeln festkrallte.
»Mario?! Es ist langsam wirklich an der Zeit.«
»Ich weiß! Ich weiß«, erwiderte der Mann und steigerte seine Bemü-hungen sogar noch.
Lestrades Armbandkom piepste und forderte die uneingeschränkte Aufmerksamkeit des Captains.
»Ja?«, fragte er ungeduldig.
»Captain?« Die Stimme gehörte Commander Eugene Mueller, seinem XO an Bord der VENGEANCE.
»Was gibt es, Eugene?«
»Die Drizil haben die Mars-Verteidigungslinie durchbrochen. Ihre Hauptstreitmacht hält direkt auf die Erde zu. Die Kolonien der Jupiter-monde sind bereits gefallen und der Mars steht kurz davor zu fallen. Falls wir hier wegwollen, müssen wir es jetzt tun.«
»Irgendwelche Nachrichten von Lord Admiral Maskirov?«
»Tot. Sein Flaggschiff wurde während des Rückzugs zum Mars zer-stört. Genauso wie die Hälfte seines Kommandos. Alles fällt auseinander. Die Verteidigung wird das nicht mehr lange durchhalten. Die Flotte im System ist in Dutzende Grüppchen zersplittert.«
Lestrade schloss für einen Moment die Augen. Maskirov war es gewe-sen, der ihn vor fünf Jahren zum Captain befördert und zum Komman-danten der VENGEANCE ernannt hatte. Und schon zuvor hatte ihn ein beinahe freundschaftliches Verhältnis mit dem Mann verbunden. Dessen Tod traf ihn in seiner Seele und öffnete ein tiefes Loch, das kaum zu fül-len war.
»Captain?«, drängte Mueller. »Weitere Drizilschiffe nehmen Kurs auf den Erdmond.«
In diesem Moment stieß der Mann auf dem Sessel einen triumphie-renden Schrei aus, betätigte noch zwei Tasten und zog ein Speichergerät aus einem Schlitz an der Seite des Computers.
»Bereiten Sie alles für den Start vor. Ich bin unterwegs.«
Lestrade riss dem Mann das Speichergerät praktisch aus den Händen und wandte sich den ungeduldig hinter ihm wartenden Marines zu. »Gentlemen. Es wird Zeit zu gehen.«
Er wandte sich ein letztes Mal um. »Komm, Mario. Wir verschwin-den.«
»Ohne mich, alter Freund.«
Lestrade blieb abrupt stehen und warf dem Mann einen ungläubigen Blick zu.
»Sieh mich nicht so an«, lächelte sein Gegenüber wehmütig. »Selbstmord ist doch sonst nicht deine Art«, hielt Lestrade ihm vor. »Mit Selbstmord hat das wenig zu tun, Horatio.« Er deutete auf den
Computer. »Jemand muss dafür sorgen, dass den Drizil das hier nicht in die Hände fällt. Ich werde den gesamten Speicherkern löschen und den Computer anschließend in die Luft jagen. Es ist die einzige Möglichkeit,
um zu verhindern, dass die Drizil Profit aus der Einnahme dieser Basis schlagen.«
»Und was wird dann aus dir?«
Der Mann zuckte ergeben mit den Achseln. »Das wird sich zeigen. Je nachdem, in welcher Stimmung die Drizil sind. Kriegsgefangenschaft – oder tot.«
»Mario …«, begann Lestrade, doch der Mann hob Einhalt gebietend die Hand.
»Meine Entscheidung steht. Mach es mir nicht noch schwerer. Es gibt keinen anderen Weg. Vielleicht können wir auf diese Weise ein paar weni-ge Systeme und Menschenleben retten. Es ist nur eine kleine Hoffnung, doch wenn mein Hierbleiben die Eroberung auch nur eines einzigen Sys-tems verhindert, dann hat es sich für mich gelohnt.«
»Captain«, drang erneut die Stimme seines XO aus dem Armband-kom, »Enterschiffe der Drizil haben die Außenhülle der Militärbasis ge-rammt. Wir konnten nicht alle abschießen.«
»Ich komme«, erwiderte der Offizier eilig, bevor er sich wieder seinem Gegenüber zuwandte. »Viel Glück, Mario.«
»Dir auch, Horatio.«
Captain Horatio Lestrade drehte sich um und warf keinen Blick zu-rück, während er, umgeben von seinen Marines, den Korridor entlangeil-te. Er fürchtete, vor Scham, Frustration und Wut in Tränen auszubre-chen, würde er es doch tun.
Die Militärbasis Luna schmiegte sich in einen Krater auf der Oberflä-che des Erdmondes, der vor Äonen von einem Meteoriten geschlagen worden war. Die Basis beherbergte etwa fünfhundert zivile Angestellte und an die eintausendfünfhundert Soldaten. All diese Personen waren auf den Beinen und liefen durcheinander. Angesichts der Invasion und der drohenden Niederlage verfielen sie langsam in Panik.
Die Soldaten unter der Basisbesatzung schienen noch bemüht, so et-was wie Ordnung und Disziplin aufrechtzuerhalten, doch die Zivilisten wirkten wie eine Horde aufgeschreckter Hühner.
Plötzlich drang eine hektisch klingende Stimme aus den Deckenlaut-sprechern. »Driziltruppen in der Basis! Driziltruppen in der Basis! Alle Mann auf Abwehrstation!«
Soldaten der Basis gingen am Ende des Korridors in Stellung, den Feind erwartend. Zivilisten, die sie behinderten, wurden ungeduldig aus dem Weg gescheucht.
Aus dem Augenwinkel bemerkte Lestrade, wie die Marines in seiner Begleitung ihre Kampfanzüge versiegelten und die M-22-Nadelgewehre durchluden.
Lestrade hätte sich in diesem Augenblick nichts sehnlicher gewünscht, als ebenfalls in einem Kampfanzug zu stecken. Die Drizil waren eine fle-dermausähnliche Spezies, auf die die Menschheit vor etwa einem Jahr-zehnt zum ersten Mal getroffen war. Und wie Fledermäuse waren die Drizil fast blind, verfügten jedoch über ein Organ, das ähnlich einem Echolot zur Orientierung Schallwellen ausstieß. Diese Schallwellen stell-ten jedoch für Menschen auch eine höchst gefährliche Waffe dar. Die Ef-fekte des ausgestoßenen Tones reichten von leichter Benommenheit und Ohnmacht über geplatzte Trommelfelle bis hin zu Koma und in Extrem-fällen sogar Tod, da die Schallwellen in der Lage waren, Gehirnblutungen auszulösen, falls sie eine bestimmte Hochfrequenz erreichten.
Lestrade hätte nicht gedacht, dass die Drizil in der Lage waren, die Verteidigung des Solsystems derart schnell zu überwinden. Ansonsten hätte er auf jeden Fall seinen Kampfanzug angelegt, bevor er sein Schiff verließ. Jedoch schienen ihm zu diesem Zeitpunkt Geschwindigkeit und Beweglichkeit wichtiger denn umfassender Schutz.
Etwa hundert Meter voraus peitschte eine Explosion durch den Korri-dor. Menschen in der Nähe wurden wie Stoffpuppen durch die Luft ge-schleudert. Viele standen nicht mehr auf.
Die Luft füllte sich von einer Sekunde zur nächsten mit Qualm und hauchfeinen Trümmern aus den Überresten der Korridorwände. Lestrade hustete würgend. Seine Augen begannen zu tränen. Trotzdem erkannte er wie durch einen Schleier Gestalten, die in einem seltsamen, staksigen Gang durch den Rauch schlichen.
»Vorsicht, Sir!«, schrie einer der Marines, packte Lestrade grob am Kragen und schubste ihn unsanft in einen angrenzenden Korridor. Die Marines eröffneten sofort das Feuer. Die Nadelgewehre verschossen Hochgeschwindigkeitsprojektile in Form von Metallspitzen mit einer Länge von 5 Zentimetern. Die Geschosse waren in der Lage, so gut wie jede Panzerung, einschließlich der Außenskelette der Drizil, zu durch-dringen und das weiche Gewebe darunter in Fetzen zu schießen. Bei je-dem Schuss verursachten sie ein charakteristisch zischendes Geräusch.
Lestrade vermochte von seinem Standort aus nicht zu sehen, ob die Marines etwas trafen, doch er hörte die schrillen Schmerzensschreie aus Drizilkehlen.
Lestrade nickte grimmig. Der Krieg war vielleicht verloren, doch die Menschheit ging nicht kampflos unter. Die Marines zogen sich kämp-fend in den Korridor zurück, in dem sich der Captain befand. Doch ei-ner aus der Gruppe wurde an der Brust vom Impuls einer Drizilwaffe ge-troffen und gegen die nächste Wand geschleudert.
Drizilwaffen fraßen sich regelrecht durch Panzerung. Der Mann war tot, noch bevor er auf dem Boden aufschlug.
Der Offizier, der die Marines anführte, schubste Lestrade weiter, wäh-rend er sich immer wieder umsah. Aus dem Korridor drangen weitere Kampfgeräusche. Die Stationsbesatzung wehrte sich offenbar immer noch gegen die Eindringlinge.
Stolz keimte in Lestrade auf. Diese Männer und Frauen wussten, dass der Kampf aussichtslos war und das Ergebnis feststand. Dennoch kämpf-ten sie bis zum bitteren Ende.
Ungefähr zwanzig Minuten später erreichten sie ohne weitere Zwi-schenfälle schließlich die Andockrampe, an der die VENGEANCE festge-macht war.
Die Tür öffnete sich zischend und schloss sich ebenso geräuschvoll hinter ihnen. Explosionen erschütterten nun die gesamte Basis in einer nicht enden wollenden Kakofonie.
Die Andockrampe ragte in einem zwanzig Meter langen Rohr von der Basis weg und verband Militärbasis Luna drei mit dem angedockten Schlachtkreuzer.
Die zwanzig Meter wirkten auf Lestrade wie ein ewig langer Marsch. Das Rohr bäumte sich mehrmals unter dem gewaltigen Druck naher Ex-plosionen auf. Das Metall knirschte protestierend unter dem enormen Druck. Mit einem Stoßseufzer der Erleichterung erreichte Lestrade die zweifelhafte Sicherheit seines eigenen Schiffes.
Erschöpft drehte er sich zum Anführer der Marines um. »Danke. Das war gute Arbeit.« Er schielte nach den Rangabzeichen auf der Brust des Kampfanzugs. »Major …«
Der Verschlussmechanismus des Kampfanzugs öffnete sich zischend und der Marine nahm den Helm ab. Eine feuerrote Mähne und ein mü-des, aber lächelndes Gesicht kamen zum Vorschein.
»Ross«, erwiderte die Soldatin. »Major Melissa Ross.«
Als Lestrade die Brücke des Schlachtkreuzers der Swordmaster-Klasse HMS VENGEANCE erreichte, waren die Startvorbereitungen bereits abgeschlossen und das Schiff entfernte sich langsam von der Luna-Militärba-sis, während es Fahrt aufnahm.
Sein XO erwartete ihn bereits.
»Status?«, verlangte Lestrade, während er sich in seinen Sessel fallen ließ.
»Luna ist eingenommen. Wir haben vor etwa vier Minuten den Funk-kontakt zur Basis verloren. Die Drizil rücken gegen die Erde vor.« Muel-ler machte eine Pause und Lestrade bekam den deutlichen Eindruck, dass dem Mann irgendetwas unangenehm war. »Das Geschwader erwartet Ihre Befehle, Captain.«
»Meine Befehle? Was ist mit Commodore Rodriguez?« »Gefallen«, lautete die knappe Antwort. »Die CROWN OF SOL?«
Mueller schüttelte den Kopf. »Wurde auf dem Weg hierher zerstört. Der Schlachtkreuzer und seine Begleitschiffe gerieten einem feindlichen Schwarm in die Quere. Sie hatten keine Chance.«
Lestrade ließ sich schwer in seinen Sessel fallen. Die Last der Verant-wortung, die nun auf ihm ruhte, drohte ihn zu zerdrücken. Mit dem Tod von Rodriguez rückte er als dienstältester Captain des Geschwaders automatisch in die Position des Interims-Commodore auf.
Durch das Brückenfenster hatte er einen einzigartigen Blick auf die Lunabasis. Etwa zwei Dutzend Enterschiffe der Drizil steckten in der me-tallenen Hülle. Durch einige Bullaugen sah er Flammen im Innern der Basis wüten. Luna war tatsächlich verloren, das stand außer Frage.
Es kostete ihn sichtlich Mühe, doch Lestrade riss sich zusammen. Sei-ne Leute brauchten ihn. Dringend.
»Zeigen Sie mir die Aufstellungen der eigenen und der feindlichen Streitkräfte.«
Ein Hologramm wuchs direkt vor ihm aus dem Boden. Es zeigte das gesamte Solsystem, wobei es eigene Einheiten und Einrichtungen in beru-higendem Grün, feindliche jedoch in bedrohlichem Rot darstellte.
Die Sache sah nicht gut aus.
Der Großteil der Drizilstreitkräfte konzentrierte sich auf die wichtige Marskolonie und die Erde selbst. Das Abwehrfeuer von der Oberfläche des Mars wurde beständig schwächer. Weder in der Umlaufbahn noch in der näheren Umgebung des Roten Planeten befanden sich noch terra-nisch-imperiale Schiffe. Zumindest keine kampffähigen. Das All war übersät mit unzähligen Trümmerteilen. Er schätzte, dass bei der Verteidi-
gung des Mars mindestens vierzig menschliche Schiffe zerstört worden waren.
Die Erde andererseits wurde noch hart umkämpft. Etwa siebzig terra-nische Schiffe hatten sich in die nähere Umgebung der Erde zurückgezo-gen und lieferten den Drizil einen erbitterten Abwehrkampf.
Die Drizil bevorzugten für die Kriegsführung hauptsächlich leichte und schnelle Einheiten. Ihre Kampfweise sah überraschende Präzisions-schläge vor. Oftmals attackierten sie terranische Kommandoschiffe zu-erst, sozusagen, um der Schlange den Kopf abzuschlagen. Das Rückgrat ihrer Raumstreitkräfte bestand aus Fregatten und Zerstörern sowie Trä-gern für die Jägerunterstützung. Ihr einziges Zugeständnis an schwere Kriegsschiffe stellten die Großkampfschiffe der Intruder-Klasse dar. Die Drizil benutzten sie aus diesem Grund häufig als Kommandoschiffe für ihre Schwärme.
Das menschliche Imperium hingegen setzte auf schweres Gerät. Schlachtkreuzer der Swordmaster- und Behemoth-Klasse waren die schwersten von imperialen Werften gebauten Einheiten, doch es gab noch Angriffskreuzer, Begleitkreuzer und Träger. Zur Unterstützung verfügten terranische Flotten zudem über Korvetten, die dafür zuständig waren, die Peripherie einer Streitmacht gegen schnelle feindliche Einheiten abzu-schirmen, und über Torpedoschnellboote, die in Gruppen operierten, ein Ziel torpedieren und durch ihre bloße Masse überwältigen konnten.
Die terranischen Schiffe, die sich bis zum Orbit der Erde durchge-kämpft hatten, gehörten allesamt schweren Schiffsklassen an. Die leich-teren Schiffe waren bereits zerstört worden.
Die Drizil würden für die Einnahme des Planeten einen hohen Preis bezahlen müssen, so viel war sicher. Doch auch der Ausgang dieser Schlacht stand im Grund bereits fest. Die Linie der Verteidiger wurde mit jeder Minute, die verging, dünner und es schlüpften bereits erste Lan-dungsschiffe durch die Verteidigung. Darüber hinaus bekamen die Drizil laufend Verstärkung. Die Flut an Schiffen schien gar kein Ende mehr zu nehmen.
Jede Faser in Lestrades Körper schrie danach, zur Erde zu fliegen und sich seinen Kameraden anzuschließen. Sie standen mit dem Rücken zur Wand und brauchten jedes Schiff.
Nur das Wissen, das er eine dringendere Mission zu erfüllen hatte, hielt ihn zurück. Er warf einen kurzen Blick auf die Aufstellung seines eigenen Kommandos.
Um die VENGEANCE hatten sich einundzwanzig Schiffe versammelt.
Einundzwanzig von ursprünglich fünfunddreißig.
Nach Commodore Rodriguez’ Tod und dem Verlust seines Schiffes, war die VENGEANCE der einzig verbliebene Schlachtkreuzer der Sword-master-Klasse. Des Weiteren bestand die Einheit noch aus zwei Schlacht-kreuzern der Behemoth-Klasse, fünf Angriffskreuzern der Ares-Klasse, fünf Begleitkreuzern der Guardian-Klasse, zwei Trägern der Fortress-Klas-se und sechs Korvetten der Gunner-Klasse. Das war nicht viel, um die Li-nien der Drizil zu durchbrechen. Nach vorsichtigen Schätzungen hielten sich derzeit zwischen 400 und 600 feindliche Schiffe im System auf.
Die imperiale Schiffskonstruktion war ebenso funktionell wie einfach. Imperiale Schiffe bestanden aus drei dreieckigen Modulen, die leicht ver-setzt übereinander angeordnet waren. Auf der Spitze des untersten Mo-duls befand sich die Kommandobrücke in einer durchsichtigen Kuppel. Während eines Gefechts ließ sich die Brücke mit Panzerlamellen absi-chern. Die Brückenbesatzung konnte jedoch weiterhin uneingeschränkt die Vorgänge rund um das Schiff über eine 360°-Hologrammsicht verfol-gen. Hinter dem Kopf folgte der zylindrische Schiffskörper und am Heck die Antriebssektion mit den sechs halbmondförmigen Schubdüsen, die im Kreis angeordnet waren. Die Hauptbewaffnung imperialer Schiffe bestand aus mehreren Torpedorohren, die nicht nur in der Lage waren, nach vorn und nach achtern zu feuern, sondern in beschränktem Um-fang auch zur Seite.
Drizilschiffe sahen hingegen ganz anders aus. Sie wirkten wie gefähr-lich aussehende Vögel mit ausgebreiteten Schwingen, was zweifellos eine psychologische Wirkung erzielen sollte. Außerdem gab es eine Theorie unter Exo-Anthropologen, nach der die Drizil von Vögeln abstammten. Ihre Schiffskonstruktion schien dies zu untermauern.
»Sir?«, meldete sich der weibliche Kommunikationsoffizier zu Wort. »Eine Übertragung.«
»Herkunft?«
Der Lieutenant hantierte einige Sekunden an ihrer Station, bevor sie sich mit großen Augen erneut zu ihrem Kommandanten umdrehte.
»Von der Erde. Es ist Marschall Yaraton.«
Ein Blitz durchzuckte Lestrade und für einige wichtige Momente war er nicht in der Lage, sich zu regen oder auch nur ein Wort zu sagen. Ya-raton war der Oberbefehlshaber der imperialen Streitkräfte und er wich nie weit von der Seite des Kaisers.
»Verbindung aufbauen!«
Ohne nennenswerte Verzögerung baute sich ein Hologramm vor Le-strades Kommandosessel auf. Das durchscheinende Abbild eines Mannes in den Sechzigern mit schütterem Haar, Geheimratsecken und ernsten Augen erschien.
»Marschall?«
»Captain«, begrüßte der Mann Lestrade und nickte ihm knapp zu. »Ihr Status?«
»Mission abgeschlossen, Marschall. Ich habe es. Wir starten gerade von der Lunabasis.«
»Ausgezeichnet. Ich schicke Ihnen einige taktische Daten über die Aufstellung der Drizilschiffe. Möglicherweise haben wir eine Schwach-stelle in ihrer Formation entdeckt, durch die Sie schlüpfen können.«
»Vielen Dank, Marschall.« Lestrade zögerte. »Wo sind Sie gerade?« Der Mann lächelte wehmütig. »Noch auf der Erde. Genau wie Seine Majestät.«
»Aber …«
»Ich weiß. Wir sollten längst fort sein, doch es ist nicht alles nach Plan verlaufen. Wir haben zu lange gewartet. Unser Fluchtweg ist abge-schnitten. Die Drizil schießen jedes Schiff ab, das die Blockade zu durchbrechen versucht.«
»Halten Sie durch. Wir kommen und holen Sie.« Lestrade wollte gera-de den Befehl geben, als Yaratons erhobene Hand ihn zurückhielt.
»Keine Chance, Lestrade. Vergessen Sie es. Keines Ihrer Schiffe würde einen Rettungsversuch überleben. Ihre Aufgabe ist wichtiger als unsere Flucht. Und das wissen Sie auch.«
Lestrade zögerte erneut. Schließlich nickte er ergeben.
»Ja, Sir.«
»Wie ich höre, ist Commodore Rodriguez gefallen?!«
Das Hologramm flackerte leicht und Lestrade glaubte, im Hinter-grund Explosionen und Schüsse zu hören. Die Hauptstadt stand bereits unter massivem Beschuss.
»Ja, Sir.«
Ein Lächeln zog die Mundwinkel des Marschalls leicht nach oben. »Dann spreche ich hiermit eine Schlachtfeldbeförderung aus und erhebe Sie in den Rang eines Commodore. Leider müssen wir die Zeremonie und das Prozedere angesichts der Umstände auslassen, aber Sie verstehen das sicher.«
Lestrade schluckte schwer. Erst beim dritten Versuch gelang es ihm, seine staubtrockene Kehle unter Kontrolle zu bringen und ein einzelnes Wort herauszubringen.
»Verstanden …«
Marschall Yaraton nickte Lestrade ein letztes Mal zu. »Viel Glück … Commodore.«
Ohne auf eine Antwort zu warten, fiel das Hologramm in sich zu-sammen und verschwand.
Lestrade saß wie betäubt auf seinem Sessel, sich der Blicke seiner Brückenbesatzung kaum bewusst. Commodore. Er hatte immer gehofft, es eines Tages in den Rang eines Commodore oder vielleicht sogar eines Lord Admirals zu schaffen. Doch nicht so. Nicht, während die Zivilisati-on der Menschheit in sich zusammenfiel. Und auf seinen Schultern laste-te die Verantwortung, wenigstens einen Teil dieser Zivilisation zu retten.
»Sir?«, sprach sein XO ihn an. »Ihre Befehle?« »Haben Marschall Yaratons Daten uns erreicht?« »Jawohl«, bestätigte Mueller. »Einspeisen.«
Kurz darauf starrte Lestrade auf eine Sternkarte des Solsystems. Die Daten von der Erde waren in der Tat hilfreich, verfügte der Blaue Planet doch über weitreichendere und vor allem sensiblere Sensoren als jedes seiner Schiffe.
»Sehen Sie das?«, fragte er seinen XO, der neugierig näher trat und die Stelle betrachtete, auf die Lestrade deutete.
»Ja, allerdings. Die Drizil kümmern sich im Wesentlichen um Mars und Erde. Dazwischen befinden sich so gut wie keine feindlichen Einhei-ten. Sie konzentrieren sich darauf, die letzten Widerstandsnester zu bre-chen. In Richtung Sonne sind kaum Schiffe von ihnen. Wenn wir jetzt ausbrechen und in Richtung Sonne beschleunigen …«
»Gelingt es uns vielleicht, durchzubrechen, bevor sie reagieren kön-nen«, vollendete Lestrade den Satz.
»Alle Schiffe Gefechtsformation einnehmen. Kurs auf die Sonne neh-men.«
»Aye-aye, Sir.«
»Wie viel Drizilschiffe befinden sich auf unserer unmittelbaren Flug-bahn?«
»Achtzehn, Sir.«
Lestrade überlegte fieberhaft. Das war zwar kein schlechtes Verhältnis,
doch schlechter, als er es sich gewünscht hätte. Dieses Gefecht würde nicht ohne Blessuren für sein Geschwader ausgehen. Da führte kein Weg dran vorbei. Falls die Drizil seine Taktik durchschauten und es ihnen ge-lang, weitere Schiffe zur Verstärkung heranzuführen, bevor ihm der Durchbruch gelang, würde es noch weit schlimmer werden, vielleicht so-gar unmöglich.
Doch derlei Gedanken behielt er wohlweislich für sich. Ein Komman-dant musste selbst in schwierigen oder ausweglosen Situationen einen kühlen Kopf bewahren und Optimismus ausstrahlen. Optimismus war das A und O.
Die einundzwanzig Schiffe beschleunigten gleichmäßig auf Reisege-schwindigkeit Richtung Sonne, während um sie herum das Solsystem in Chaos und Blut versank. Für einen Augenblick überlegte Lestrade, den Kurs zu ändern und die Schiffe anzugreifen, die die Erde belagerten. Nur die Dringlichkeit seiner Mission und die Tatsache, dass sonst niemand mehr hier war, der diese Mission hätte ausführen können, hinderten ihn daran.
»Feindliche Schiffe auf unserer Flugbahn«, meldete Mueller. »Direkter Kurs auf uns.«
»Effektive Gefechtsdistanz?«
»In zweiunddreißig Minuten. Feindliche Schiffe halten direkt auf uns zu. Außerdem sind feindliche Einheiten aus der Mars-Umlaufbahn ausge-schwenkt und verfolgen uns.«
»Können Sie uns einholen?«
»Möglicherweise. Falls uns die Schiffe voraus zu lange aufhalten.« »Dann wollen wir mal den Weg freiräumen«, meinte Lestrade mehr
zu sich selbst und fletschte kampflustig die Zähne. Wenigstens würde er sich nicht davonstehlen, ohne vorher noch einige Drizil ins Jenseits zu schicken.
»Energiewaffen laden und Fernkampfbewaffnung in Bereitschaft.« »Aye-aye, Cap… Commodore.«
Lestrade hörte Muellers Fauxpas, entschloss sich jedoch dazu, diesen zu ignorieren. Alle Beteiligten würden Zeit brauchen, sich an seinen neu-en Rang zu gewöhnen. Er selbst bildete da keine Ausnahme.
Die Minuten vergingen quälend langsam, während die zwei Verbände aufeinander zuschossen. Auf dem taktischen Hologramm bemerkte er, wie die Drizilschiffe aus Richtung Mars an ihrem Heck klebten und sich abmühten, die kleine Gruppe fliehender menschlicher Schiffe einzuholen. Lestrade warf der Anzeige an der oberen rechten Ecke einen kurzen Blick zu. Die Uhr lief rückwärts und zeigte die Zeit an, die das Geschwa-der benötigte, um die zum Sprung in den Hyperraum notwendige Min-destgeschwindigkeit zu erreichen.
Es würde knapp werden. Verdammt knapp sogar. Falls sie die Schiffe voraus schnell genug abfertigten, konnten sie es jedoch schaffen. Mit viel – mit sehr viel – Glück. »Noch zwölf Minuten, Sir.« »Jäger ausschleusen!«
Die beiden Träger der Fortress-Klasse setzten in kurzen Intervallen ihre Jäger ab. Jedes der beiden Schiffe führte acht Staffeln zu je sechs Jä-gern mit sich. Die kleinen Vanguard-Jäger – schnittige Aufklärer mit Stummelflügeln und Doppeltriebwerk – übernahmen die Spitze der For-mation, dicht gefolgt von den schwereren Shadow-Abfangjägern und den klobigen und schwerfälligen Mammoth-Jagdbombern.
Lestrade hätte sich im Augenblick nichts sehnlicher gewünscht, als eine Anzahl Torpedoschnellboote auf seiner Seite zu wissen. Die winzi-gen, aber tödlichen Schiffe hätten eine schöne Schneise in die feindliche Formation gerissen. Leider waren alle Boote im Solsystem bereits zerstört oder in schwere Kämpfe verwickelt.
Den terranischen Jägern standen schwere Driziljäger vom Typ Blutsta-chel und Abfangjäger vom Typ Flüsterwind gegenüber. Die Namen der Drizil für diese Maschinen waren nicht für menschliche Zungen geeignet, doch die Übersetzung kam an diese beiden Bezeichnungen am ehes-ten heran.
Lestrade bemerkte sofort das Ungleichgewicht. Nicht nur, dass die Drizil vier Trägerschiffe gegen seine zwei ins Gefecht führten, die Drizil-träger waren überdies in der Lage, zwölf Staffeln zu je acht Jägern mit sich zu führen.
Die beiden Jagdverbände formierten sich jeweils oberhalb ihrer Groß-kampfschiffe, um dem zu erwartenden Fernkampfbeschuss nicht in die Quere zu kommen.
»Effektive Gefechtsdistanz erreicht.«
»FEUER!«
Das Geschwader spie eine Salve Torpedos auf den nahenden Gegner. Die Drizil eröffneten beinahe zeitgleich das Feuer. Während menschliche Schiffe Torpedoprojektile feuerten, verschossen die Drizilschiffe nicht nur eine Art Torpedos, die aus purer Energie bestanden, sondern zusätz-
lich etwas ungleich Tödlicheres. Ihr Feind feuerte im Fernkampf nämlich Projektile ab, die mit einer geleeartigen Masse gefüllt waren. Es handelte sich um eine Art genmanipulierter Amöben, die von den Schiffsbesat-zungen nur die Grüne Pest genannt wurde.
Einmal infiziert, musste ein Schiff in neunzig Prozent der Fälle als verloren angesehen werden. Die Projektile waren in der Lage, Panzerung zu durchbrechen, und entließen die Grüne Pest ins Innere des Zielschiffes. Dann begann das Grauen. Die Amöben fraßen sich durch alles, egal ob anorganisch oder organisch.
Im Laufe der Zeit hatte es viele Ansätze gegeben, dieser Bedrohung Herr zu werden, um Schiff und Besatzung zu retten. Ein Lösungsvor-schlag lautete, die betreffende Sektion abzuschotten und dem Vakuum auszusetzen, ein anderer schlug den Einsatz von Marines mit Flammen-werfern vor. All dies waren zwar gangbare Möglichkeiten, doch oft konn-ten diese nicht schnell genug umgesetzt werden, um ein Schiff zu retten, und es blieb nur noch der Einsatz der Rettungskapseln.
Lestrade dankte Gott auf Knien dafür, dass die Drizil die Grüne Pest nicht gegen Planeten, sondern nur gegen andere Kriegsschiffe einsetzten. Die Pest machte nämlich keinen Unterschied zwischen Menschen und Drizil. Ein infizierter Planet könnte nie wieder betreten, geschweige denn kolonisiert werden. Und da die Drizil hinter menschlichen Welten, deren Lebensraum und Rohstoffen her waren, gingen die Kriegsgegner der Menschheit mit ihrer biologischen Waffe sehr sorgfältig um. Sie achteten peinlich genau darauf, diese Waffe nicht in unmittelbarer Nähe eines be-wohnbaren Planeten einzusetzen, um das Risiko zu vermeiden, einen intakten Planeten durch Fehlschüsse zu kontaminieren.
Beide Seiten achteten weiterhin darauf, dass ihre Lenkwaffen nicht unkontrolliert durchs All flogen, sofern sie kein feindliches Schiff trafen. Im Falle des Imperiums limitierte der Brennstoff die Reichweite der Tor-pedos. Ging der Brennstoff zur Neige, zerstörten sie sich nach fünf Se-kunden selbst. Die Energietorpedos der Drizil lösten sich nach einer Wei-le selbständig auf. Keiner der Kriegsparteien war daran gelegen, dass nach einer Schlacht Hunderte von potenziellen Zeitbomben durch ein System trieben.
Die Durchschlagskraft der Energietorpedos der Drizil war enorm, auch wenn sie auf dem Weg zwischen Herkunftsschiff und Ziel viel von ihrer Energie einbüßten und diese in die Kälte des Alls abstrahlten, doch nichts im Arsenal des Feindes war so gefürchtet wie die Grüne Pest.
»Achtung! Einschlag!«
Die VENGEANCE bäumte sich mit einer Plötzlichkeit auf, die Lestrade die Luft aus den Lungen presste. Nur sein Sicherheitsgurt verhinderte, dass er über seine eigene Brücke geschleudert wurde.
Mit einem Auge beobachtete er das taktische Display. Neun feindli-che Großkampfschiffe verschwanden mit einem Mal vom Plot. Drei Zer-störer, ein Träger, vier Fregatten und sogar ein Drizil-Flaggschiff der In-truder-Klasse – oder wie die Drizil sie nannten, der Ek’naj’mek-Klasse, der größte Kriegsschiffstyp im Arsenal des Feindes. Das Schiff war um dreißig Prozent größer als ein Schlachtkreuzer der Swordmaster-Klasse, der das größte Schiff auf terranischer Seite war.
Eine weitere Energietorpedosalve der Drizil hämmerte brutal auf sein Geschwader ein und schüttelte sein Schiff durch. Es wurde zur Tortur, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.
»Schadensbericht!«
Sein XO eilte umgehend an seine Seite. »Bugpanzerung ist um zwan-zig Prozent reduziert. Kein interner Schaden. Noch sind die Drizilwaffen nicht durchgedrungen.«
»Der Rest des Geschwaders?«, fragte Lestrade, obwohl er bereits wuss-te, dass ihm die Antwort nicht gefallen würde.
Mueller zögerte einen Moment. Er fuhr erst fort, als Lestrade ihm einen scharfen Blick zuwarf. »Zwei Korvetten zerstört. Totalverlust. Einer der Begleitkreuzer ist schwer angeschlagen. Lebenserhaltung und künstlicher Schwerkraft sind nur minimal verfügbar. Torpedobewaffnung um fast sechzig Prozent reduziert.«
Lestrade knirschte mit den Zähnen. Das kurze Gefecht war sogar noch schlimmer ausgegangen, als er befürchtet hatte. Doch ihm blieb keine Zeit, mit seinem Schicksal zu hadern, denn die überlebenden Dri-zilschiffe schlossen schnell auf. Ein Nahkampf war unvermeidlich.
Er fragte sich, warum die Drizil nicht die Grüne Pest einsetzten, doch er vermutete, dass diese Schiffe wohl ihren Vorrat an dieser Waffe aufge-braucht hatten. Immerhin kämpften sie schon den ganzen Tag und die-sen Einheiten waren mit Sicherheit bereits viele terranische Schiffe zum Opfer gefallen.
Die Jäger beider Seiten gaben Vollschub und beharkten sich auf kür-zeste Distanz. In der Schwärze des Alls blühten rote und grüne Explosio-nen auf, als Maschinen hüben wie drüben wie überreifes Obst zerplatz-ten.
Die schweren Mammoth-Jäger mit den Zwillingsgeschütztürmen auf dem Dach und der lang gezogenen Schnauze, in der sich die Zielerfassungssensoren befanden, führten den Vorstoß an.
Die Kontrahenten schenkten sich nichts und Gnade wurde zu einem Wort ohne Bedeutung. Der Gegner war zwar zahlenmäßig überlegen, doch das terranisch-imperiale Pilotenprogramm galt als das beste über-haupt und die menschlichen Piloten manövrierten den Gegner immer wieder aus.
Eine beliebte Taktik war es, in Dreiergruppen zu agieren. Ein Jäger spielte den Köder, bot sich als Ziel an, und wenn Driziljäger die Verfol-gung aufnahmen, schnappte die Falle zu und zwei andere terranische Jä-ger erledigten die Verfolger. Leider war es oftmals auch der Köder, der da-bei auf der Strecke blieb. Die Drizil jedoch zahlten einen hohen Zoll an Leben und Material.
Die Kampfschiffe der Drizil kamen drohend näher und passierten ihre menschlichen Widersacher auf kürzeste Distanz.
»Volle Breitseite!«, befahl Lestrade und die Schiffe seines Geschwaders eröffneten das Feuer auf den verhassten Feind.
Die Laserbatterien der Breitseite schnitten tiefe Breschen in die Flan-ken der feindlichen Kriegsschiffe. Panzerung wurde auseinandergeschnit-ten und schmolz in dicken Tropfen dahin, die im All nahezu umgehend zu seltsam anmutenden Formen erstarrten. Punktverteidigungslaser be-mühten sich währenddessen, die Jäger der Drizil und die Geschosse der feindlichen Kriegsschiffe ins Visier zu nehmen. Sie gaben immer wieder kurze Lichtimpulse ab, die alles zerfetzten, mit dem sie in Berührung ka-men.
Auf kurze Distanz verwendeten die Drizil Geschütze, die Explosivpro-jektile verschossen, die im Falle eines Treffers in der Lage waren, die Pan-zerung aufzureißen.
Lestrade rannen dicke Schweißperlen über die Stirn. Mit einer unge-duldigen Geste wischte er sie beiseite.
Eine weitere Korvette geriet ins Kreuzfeuer zweier feindlicher Fregat-ten und innerhalb weniger Sekunden überzog das gegnerische Feuer die Oberfläche des kleinen, unglückseligen Schiffes mit einem Teppich aus Feuer.
Die Panzerung hielt derartige Kräfte nicht lange aus und das Schiff brach der Länge nach auf. Männer und Frauen wurden zappelnd ins All gerissen, als es in Stücke gerissen wurde.
Der bereits angeschlagene Begleitkreuzer NORWEGEN lieferte sich ein Duell mit gleich zwei feindlichen Zerstörern und einem Flaggschiff der Intruder-Klasse. Trotz seiner enormen Gefechtsschäden schlug sich die NORWEGEN fabelhaft. Der Skipper des Begleitkreuzers bewies ein intuiti-ves Geschick dafür, das Schiff immer wieder durch das gegnerische Feuer gleiten zu lassen und dem Gegner dabei unbeschädigte Panzerung zuzuwenden, an der der Beschuss nahezu wirkungslos verpuffte.
Im Gegenzug schoss die NORWEGEN einen der Zerstörer in Stücke und den zweiten manövrierunfähig. Das hilflose Schiff trudelte steuerlos davon. Die Mannschaft konnte nur noch hoffen, dass irgendwann je-mand die Zeit fand, sie zu bergen.
Der Intruder erwies sich jedoch als härtere Nuss. Das Drizilschiff war fast viermal so groß wie der Begleitkreuzer und um ein Vielfaches besser bewaffnet.
Die beiden Schiffe tauschten auf kürzeste Distanz Salven aus und füg-ten sich gegenseitig schwere Schäden zu. Der Intruder verlor mehrere Ge-schützrohre an Bug und Steuerbord, der Begleitkreuzer durch die Ant-wort des Drizilschiffes im Gegenzug fast seine gesamte Backbordbewaff-nung. Die NORWEGEN begann zu schlingern, was auf eine Beschädigung des Reaktors und/oder des Antriebs hindeutete.
Eine Jagdstaffel und ein Angriffskreuzer der Ares-Klasse eilten herbei, um dem Schiff zu Hilfe zu kommen. Der kampfstarke Kreuzer verheerte die Panzerung oberhalb des Drizilschiffes, während die Mammoth-Jäger Präzisionsangriffe flogen, um Waffenstellungen, Kommunikationsanlagen und vitale Systeme zu zerstören.
Das Abwehrfeuer des Intruder wischte zwei Mammoth-Jäger wie Flie-gen beiseite und ließ den Ares-Angriffskreuzer erzittern wie ein verwun-detes Tier.
Die NORWEGEN hatte indes nahezu ihr komplettes Waffenarsenal ein-gebüßt und dachte nur noch an Flucht. Die Drizil waren jedoch nicht bereit, ihr diese Option zu gestatten. Salve um Salve schlug auf den Be-gleitkreuzer ein, zertrümmerte Panzerung und drang ins Innere des Schiffes vor. Eine Reihe von Sekundärexplosionen riss die Panzerung an mehreren Stellen von innen auf. Flammen leckten ins Freie, nur um vom Vakuum erstickt zu werden. Die NORWEGEN wurde von innen heraus verzehrt.
Lestrade bezweifelte, dass von der Besatzung überhaupt noch jemand am Leben war.
Wut überkam ihn und füllte jede Faser seines Körpers mit Hass. Und wieder hatten die Drizil gute Menschen ermordet. Menschen, die ihr Schicksal nicht verdienten. Natürlich lag das in der Natur des Krieges, doch dies interessierte Lestrade in diesem Moment nicht.
»Beidrehen!«, befahl er.
Die VENGEANCE schwenkte gehorsam in einem Dreißiggradwinkel herum, um das feindliche Großkampfschiff ins Visier zu nehmen. Dieses war vollauf damit beschäftigt, den Ares-Kreuzer zu bedrängen, dessen Lage inzwischen ebenfalls immer verzweifelter wurde.
»Feuer!«
Wie ein Vorbote der Hölle ließ die VENGEANCE ihr gesamtes Waf-fenarsenal auf den völlig überraschten Intruder nieder. Mit der ersten Sal-ve schaltete die VENGEANCE den Antrieb des Großkampfschiffes aus. Die zweite Salve zerriss die durch den Kampf mit der NORWEGEN ohnehin schon geschwächte Steuerbordpanzerung wie Papier. Die Lasersalven drangen tief ins Innenleben des Intruder vor und verdampften auf ihrem Weg Geräte, Ausrüstung und Besatzungsmitglieder gleichermaßen.
Mithilfe seiner Manövrierdüsen schwenkte der Intruder schwerfällig herum, um sich diesem neuen überragenden Gegner zu stellen, doch Le-strade ließ ihm dazu keine Gelegenheit.
Er setzte eine weitere Salve nach, die von einer heftigen Explosion am Heck belohnt wurde. Das Schiff stellte sein Feuer von einer Sekunde zur nächsten ein – nur Augenblicke bevor es von einer gewaltigen Detonation auseinandergerissen wurde.
Lestrade ließ sich schwer in seinen Sessel sinken. Er atmete ein paar-mal gut durch, bevor er sich erneut dem taktischen Plot zuwandte. Es be-fanden sich keine feindlichen Schiffe mehr auf ihrer Flugbahn. Die meis-ten Drizileinheiten in ihrer unmittelbaren Umgebung waren zerstört und die wenigen Überlebenden flüchteten unter den Feuerschutz der verfol-genden Drizilschiffe. Die Verfolger holten immer mehr auf, doch sie wür-den zu spät kommen.
»XO? Kurs auf die Sonne. Sobald wir die Korona hinter uns gelassen und eine angemessene Geschwindigkeit aufgebaut haben, springen wir in den Hyperraum.«
»Aye, Sir.«
Lestrade musterte sein taktisches Display und zählte die verbliebenen Einheiten unter seinem Kommando. Außer der NORWEGEN und der drit-ten Korvette hatten sie noch einen Angriffskreuzer der Ares-Klasse und
einen weiteren Begleitkreuzer der Guardian-Klasse verloren, außerdem einen Träger. Die überlebenden Jäger setzten zur Landung auf dem ver-bliebenen Träger an. Es waren nicht einmal genug, um die Hangars des einen Trägers aufzufüllen, den sie noch hatten.
Sie waren entkommen, keine Frage. Doch der Preis hierfür war unge-heuer hoch.
»Welche Sprungkoordinaten soll ich eingeben, Commodore?« Lestrade dachte einen Augenblick angestrengt nach. Die Frage war ei-
gentlich keine. Im Moment gab es nur einen sicheren Ort in der Galaxis. »Nach Perseus, Eugene. Bringen Sie uns nach Perseus.«
Der Boden bäumte sich unter Captain Horatio Lestrade auf. Der drah-tige Offizier in der marineblauen Uniform der terranisch-imperialen Raumflotte hielt sich nur unter größten Mühen aufrecht.
Der Mann in Zivilkleidung mit dem schütteren Haar, der vor ihm auf dem Sessel saß, traktierte die Tastatur auf dem Tisch mit beiden Hän-den, als wolle er die Tasten in den Tisch hineinhämmern.
»Wie lange noch?«, fragte Lestrade gepresst.
»Bin gleich so weit«, erklärte der Mann aufs Höchste konzentriert und wischte sich einige Schweißperlen von der Stirn.
Lestrade gönnte dem Computer, der die ganze hintere Wand des Raumes einnahm, kaum einen Blick, obwohl dieser den Grund für sein Hiersein darstellte.
Eine weitere Explosion erschütterte die Militärbasis Luna drei in ih-ren Grundfesten. Dieses Mal konnte sich Lestrade nur aufrecht halten, weil er im letzten Moment nach der Sessellehne seines Gesprächspartners griff und sich mit den Fingernägeln festkrallte.
»Mario?! Es ist langsam wirklich an der Zeit.«
»Ich weiß! Ich weiß«, erwiderte der Mann und steigerte seine Bemü-hungen sogar noch.
Lestrades Armbandkom piepste und forderte die uneingeschränkte Aufmerksamkeit des Captains.
»Ja?«, fragte er ungeduldig.
»Captain?« Die Stimme gehörte Commander Eugene Mueller, seinem XO an Bord der VENGEANCE.
»Was gibt es, Eugene?«
»Die Drizil haben die Mars-Verteidigungslinie durchbrochen. Ihre Hauptstreitmacht hält direkt auf die Erde zu. Die Kolonien der Jupiter-monde sind bereits gefallen und der Mars steht kurz davor zu fallen. Falls wir hier wegwollen, müssen wir es jetzt tun.«
»Irgendwelche Nachrichten von Lord Admiral Maskirov?«
»Tot. Sein Flaggschiff wurde während des Rückzugs zum Mars zer-stört. Genauso wie die Hälfte seines Kommandos. Alles fällt auseinander. Die Verteidigung wird das nicht mehr lange durchhalten. Die Flotte im System ist in Dutzende Grüppchen zersplittert.«
Lestrade schloss für einen Moment die Augen. Maskirov war es gewe-sen, der ihn vor fünf Jahren zum Captain befördert und zum Komman-danten der VENGEANCE ernannt hatte. Und schon zuvor hatte ihn ein beinahe freundschaftliches Verhältnis mit dem Mann verbunden. Dessen Tod traf ihn in seiner Seele und öffnete ein tiefes Loch, das kaum zu fül-len war.
»Captain?«, drängte Mueller. »Weitere Drizilschiffe nehmen Kurs auf den Erdmond.«
In diesem Moment stieß der Mann auf dem Sessel einen triumphie-renden Schrei aus, betätigte noch zwei Tasten und zog ein Speichergerät aus einem Schlitz an der Seite des Computers.
»Bereiten Sie alles für den Start vor. Ich bin unterwegs.«
Lestrade riss dem Mann das Speichergerät praktisch aus den Händen und wandte sich den ungeduldig hinter ihm wartenden Marines zu. »Gentlemen. Es wird Zeit zu gehen.«
Er wandte sich ein letztes Mal um. »Komm, Mario. Wir verschwin-den.«
»Ohne mich, alter Freund.«
Lestrade blieb abrupt stehen und warf dem Mann einen ungläubigen Blick zu.
»Sieh mich nicht so an«, lächelte sein Gegenüber wehmütig. »Selbstmord ist doch sonst nicht deine Art«, hielt Lestrade ihm vor. »Mit Selbstmord hat das wenig zu tun, Horatio.« Er deutete auf den
Computer. »Jemand muss dafür sorgen, dass den Drizil das hier nicht in die Hände fällt. Ich werde den gesamten Speicherkern löschen und den Computer anschließend in die Luft jagen. Es ist die einzige Möglichkeit,
um zu verhindern, dass die Drizil Profit aus der Einnahme dieser Basis schlagen.«
»Und was wird dann aus dir?«
Der Mann zuckte ergeben mit den Achseln. »Das wird sich zeigen. Je nachdem, in welcher Stimmung die Drizil sind. Kriegsgefangenschaft – oder tot.«
»Mario …«, begann Lestrade, doch der Mann hob Einhalt gebietend die Hand.
»Meine Entscheidung steht. Mach es mir nicht noch schwerer. Es gibt keinen anderen Weg. Vielleicht können wir auf diese Weise ein paar weni-ge Systeme und Menschenleben retten. Es ist nur eine kleine Hoffnung, doch wenn mein Hierbleiben die Eroberung auch nur eines einzigen Sys-tems verhindert, dann hat es sich für mich gelohnt.«
»Captain«, drang erneut die Stimme seines XO aus dem Armband-kom, »Enterschiffe der Drizil haben die Außenhülle der Militärbasis ge-rammt. Wir konnten nicht alle abschießen.«
»Ich komme«, erwiderte der Offizier eilig, bevor er sich wieder seinem Gegenüber zuwandte. »Viel Glück, Mario.«
»Dir auch, Horatio.«
Captain Horatio Lestrade drehte sich um und warf keinen Blick zu-rück, während er, umgeben von seinen Marines, den Korridor entlangeil-te. Er fürchtete, vor Scham, Frustration und Wut in Tränen auszubre-chen, würde er es doch tun.
Die Militärbasis Luna schmiegte sich in einen Krater auf der Oberflä-che des Erdmondes, der vor Äonen von einem Meteoriten geschlagen worden war. Die Basis beherbergte etwa fünfhundert zivile Angestellte und an die eintausendfünfhundert Soldaten. All diese Personen waren auf den Beinen und liefen durcheinander. Angesichts der Invasion und der drohenden Niederlage verfielen sie langsam in Panik.
Die Soldaten unter der Basisbesatzung schienen noch bemüht, so et-was wie Ordnung und Disziplin aufrechtzuerhalten, doch die Zivilisten wirkten wie eine Horde aufgeschreckter Hühner.
Plötzlich drang eine hektisch klingende Stimme aus den Deckenlaut-sprechern. »Driziltruppen in der Basis! Driziltruppen in der Basis! Alle Mann auf Abwehrstation!«
Soldaten der Basis gingen am Ende des Korridors in Stellung, den Feind erwartend. Zivilisten, die sie behinderten, wurden ungeduldig aus dem Weg gescheucht.
Aus dem Augenwinkel bemerkte Lestrade, wie die Marines in seiner Begleitung ihre Kampfanzüge versiegelten und die M-22-Nadelgewehre durchluden.
Lestrade hätte sich in diesem Augenblick nichts sehnlicher gewünscht, als ebenfalls in einem Kampfanzug zu stecken. Die Drizil waren eine fle-dermausähnliche Spezies, auf die die Menschheit vor etwa einem Jahr-zehnt zum ersten Mal getroffen war. Und wie Fledermäuse waren die Drizil fast blind, verfügten jedoch über ein Organ, das ähnlich einem Echolot zur Orientierung Schallwellen ausstieß. Diese Schallwellen stell-ten jedoch für Menschen auch eine höchst gefährliche Waffe dar. Die Ef-fekte des ausgestoßenen Tones reichten von leichter Benommenheit und Ohnmacht über geplatzte Trommelfelle bis hin zu Koma und in Extrem-fällen sogar Tod, da die Schallwellen in der Lage waren, Gehirnblutungen auszulösen, falls sie eine bestimmte Hochfrequenz erreichten.
Lestrade hätte nicht gedacht, dass die Drizil in der Lage waren, die Verteidigung des Solsystems derart schnell zu überwinden. Ansonsten hätte er auf jeden Fall seinen Kampfanzug angelegt, bevor er sein Schiff verließ. Jedoch schienen ihm zu diesem Zeitpunkt Geschwindigkeit und Beweglichkeit wichtiger denn umfassender Schutz.
Etwa hundert Meter voraus peitschte eine Explosion durch den Korri-dor. Menschen in der Nähe wurden wie Stoffpuppen durch die Luft ge-schleudert. Viele standen nicht mehr auf.
Die Luft füllte sich von einer Sekunde zur nächsten mit Qualm und hauchfeinen Trümmern aus den Überresten der Korridorwände. Lestrade hustete würgend. Seine Augen begannen zu tränen. Trotzdem erkannte er wie durch einen Schleier Gestalten, die in einem seltsamen, staksigen Gang durch den Rauch schlichen.
»Vorsicht, Sir!«, schrie einer der Marines, packte Lestrade grob am Kragen und schubste ihn unsanft in einen angrenzenden Korridor. Die Marines eröffneten sofort das Feuer. Die Nadelgewehre verschossen Hochgeschwindigkeitsprojektile in Form von Metallspitzen mit einer Länge von 5 Zentimetern. Die Geschosse waren in der Lage, so gut wie jede Panzerung, einschließlich der Außenskelette der Drizil, zu durch-dringen und das weiche Gewebe darunter in Fetzen zu schießen. Bei je-dem Schuss verursachten sie ein charakteristisch zischendes Geräusch.
Lestrade vermochte von seinem Standort aus nicht zu sehen, ob die Marines etwas trafen, doch er hörte die schrillen Schmerzensschreie aus Drizilkehlen.
Lestrade nickte grimmig. Der Krieg war vielleicht verloren, doch die Menschheit ging nicht kampflos unter. Die Marines zogen sich kämp-fend in den Korridor zurück, in dem sich der Captain befand. Doch ei-ner aus der Gruppe wurde an der Brust vom Impuls einer Drizilwaffe ge-troffen und gegen die nächste Wand geschleudert.
Drizilwaffen fraßen sich regelrecht durch Panzerung. Der Mann war tot, noch bevor er auf dem Boden aufschlug.
Der Offizier, der die Marines anführte, schubste Lestrade weiter, wäh-rend er sich immer wieder umsah. Aus dem Korridor drangen weitere Kampfgeräusche. Die Stationsbesatzung wehrte sich offenbar immer noch gegen die Eindringlinge.
Stolz keimte in Lestrade auf. Diese Männer und Frauen wussten, dass der Kampf aussichtslos war und das Ergebnis feststand. Dennoch kämpf-ten sie bis zum bitteren Ende.
Ungefähr zwanzig Minuten später erreichten sie ohne weitere Zwi-schenfälle schließlich die Andockrampe, an der die VENGEANCE festge-macht war.
Die Tür öffnete sich zischend und schloss sich ebenso geräuschvoll hinter ihnen. Explosionen erschütterten nun die gesamte Basis in einer nicht enden wollenden Kakofonie.
Die Andockrampe ragte in einem zwanzig Meter langen Rohr von der Basis weg und verband Militärbasis Luna drei mit dem angedockten Schlachtkreuzer.
Die zwanzig Meter wirkten auf Lestrade wie ein ewig langer Marsch. Das Rohr bäumte sich mehrmals unter dem gewaltigen Druck naher Ex-plosionen auf. Das Metall knirschte protestierend unter dem enormen Druck. Mit einem Stoßseufzer der Erleichterung erreichte Lestrade die zweifelhafte Sicherheit seines eigenen Schiffes.
Erschöpft drehte er sich zum Anführer der Marines um. »Danke. Das war gute Arbeit.« Er schielte nach den Rangabzeichen auf der Brust des Kampfanzugs. »Major …«
Der Verschlussmechanismus des Kampfanzugs öffnete sich zischend und der Marine nahm den Helm ab. Eine feuerrote Mähne und ein mü-des, aber lächelndes Gesicht kamen zum Vorschein.
»Ross«, erwiderte die Soldatin. »Major Melissa Ross.«
Als Lestrade die Brücke des Schlachtkreuzers der Swordmaster-Klasse HMS VENGEANCE erreichte, waren die Startvorbereitungen bereits abgeschlossen und das Schiff entfernte sich langsam von der Luna-Militärba-sis, während es Fahrt aufnahm.
Sein XO erwartete ihn bereits.
»Status?«, verlangte Lestrade, während er sich in seinen Sessel fallen ließ.
»Luna ist eingenommen. Wir haben vor etwa vier Minuten den Funk-kontakt zur Basis verloren. Die Drizil rücken gegen die Erde vor.« Muel-ler machte eine Pause und Lestrade bekam den deutlichen Eindruck, dass dem Mann irgendetwas unangenehm war. »Das Geschwader erwartet Ihre Befehle, Captain.«
»Meine Befehle? Was ist mit Commodore Rodriguez?« »Gefallen«, lautete die knappe Antwort. »Die CROWN OF SOL?«
Mueller schüttelte den Kopf. »Wurde auf dem Weg hierher zerstört. Der Schlachtkreuzer und seine Begleitschiffe gerieten einem feindlichen Schwarm in die Quere. Sie hatten keine Chance.«
Lestrade ließ sich schwer in seinen Sessel fallen. Die Last der Verant-wortung, die nun auf ihm ruhte, drohte ihn zu zerdrücken. Mit dem Tod von Rodriguez rückte er als dienstältester Captain des Geschwaders automatisch in die Position des Interims-Commodore auf.
Durch das Brückenfenster hatte er einen einzigartigen Blick auf die Lunabasis. Etwa zwei Dutzend Enterschiffe der Drizil steckten in der me-tallenen Hülle. Durch einige Bullaugen sah er Flammen im Innern der Basis wüten. Luna war tatsächlich verloren, das stand außer Frage.
Es kostete ihn sichtlich Mühe, doch Lestrade riss sich zusammen. Sei-ne Leute brauchten ihn. Dringend.
»Zeigen Sie mir die Aufstellungen der eigenen und der feindlichen Streitkräfte.«
Ein Hologramm wuchs direkt vor ihm aus dem Boden. Es zeigte das gesamte Solsystem, wobei es eigene Einheiten und Einrichtungen in beru-higendem Grün, feindliche jedoch in bedrohlichem Rot darstellte.
Die Sache sah nicht gut aus.
Der Großteil der Drizilstreitkräfte konzentrierte sich auf die wichtige Marskolonie und die Erde selbst. Das Abwehrfeuer von der Oberfläche des Mars wurde beständig schwächer. Weder in der Umlaufbahn noch in der näheren Umgebung des Roten Planeten befanden sich noch terra-nisch-imperiale Schiffe. Zumindest keine kampffähigen. Das All war übersät mit unzähligen Trümmerteilen. Er schätzte, dass bei der Verteidi-
gung des Mars mindestens vierzig menschliche Schiffe zerstört worden waren.
Die Erde andererseits wurde noch hart umkämpft. Etwa siebzig terra-nische Schiffe hatten sich in die nähere Umgebung der Erde zurückgezo-gen und lieferten den Drizil einen erbitterten Abwehrkampf.
Die Drizil bevorzugten für die Kriegsführung hauptsächlich leichte und schnelle Einheiten. Ihre Kampfweise sah überraschende Präzisions-schläge vor. Oftmals attackierten sie terranische Kommandoschiffe zu-erst, sozusagen, um der Schlange den Kopf abzuschlagen. Das Rückgrat ihrer Raumstreitkräfte bestand aus Fregatten und Zerstörern sowie Trä-gern für die Jägerunterstützung. Ihr einziges Zugeständnis an schwere Kriegsschiffe stellten die Großkampfschiffe der Intruder-Klasse dar. Die Drizil benutzten sie aus diesem Grund häufig als Kommandoschiffe für ihre Schwärme.
Das menschliche Imperium hingegen setzte auf schweres Gerät. Schlachtkreuzer der Swordmaster- und Behemoth-Klasse waren die schwersten von imperialen Werften gebauten Einheiten, doch es gab noch Angriffskreuzer, Begleitkreuzer und Träger. Zur Unterstützung verfügten terranische Flotten zudem über Korvetten, die dafür zuständig waren, die Peripherie einer Streitmacht gegen schnelle feindliche Einheiten abzu-schirmen, und über Torpedoschnellboote, die in Gruppen operierten, ein Ziel torpedieren und durch ihre bloße Masse überwältigen konnten.
Die terranischen Schiffe, die sich bis zum Orbit der Erde durchge-kämpft hatten, gehörten allesamt schweren Schiffsklassen an. Die leich-teren Schiffe waren bereits zerstört worden.
Die Drizil würden für die Einnahme des Planeten einen hohen Preis bezahlen müssen, so viel war sicher. Doch auch der Ausgang dieser Schlacht stand im Grund bereits fest. Die Linie der Verteidiger wurde mit jeder Minute, die verging, dünner und es schlüpften bereits erste Lan-dungsschiffe durch die Verteidigung. Darüber hinaus bekamen die Drizil laufend Verstärkung. Die Flut an Schiffen schien gar kein Ende mehr zu nehmen.
Jede Faser in Lestrades Körper schrie danach, zur Erde zu fliegen und sich seinen Kameraden anzuschließen. Sie standen mit dem Rücken zur Wand und brauchten jedes Schiff.
Nur das Wissen, das er eine dringendere Mission zu erfüllen hatte, hielt ihn zurück. Er warf einen kurzen Blick auf die Aufstellung seines eigenen Kommandos.
Um die VENGEANCE hatten sich einundzwanzig Schiffe versammelt.
Einundzwanzig von ursprünglich fünfunddreißig.
Nach Commodore Rodriguez’ Tod und dem Verlust seines Schiffes, war die VENGEANCE der einzig verbliebene Schlachtkreuzer der Sword-master-Klasse. Des Weiteren bestand die Einheit noch aus zwei Schlacht-kreuzern der Behemoth-Klasse, fünf Angriffskreuzern der Ares-Klasse, fünf Begleitkreuzern der Guardian-Klasse, zwei Trägern der Fortress-Klas-se und sechs Korvetten der Gunner-Klasse. Das war nicht viel, um die Li-nien der Drizil zu durchbrechen. Nach vorsichtigen Schätzungen hielten sich derzeit zwischen 400 und 600 feindliche Schiffe im System auf.
Die imperiale Schiffskonstruktion war ebenso funktionell wie einfach. Imperiale Schiffe bestanden aus drei dreieckigen Modulen, die leicht ver-setzt übereinander angeordnet waren. Auf der Spitze des untersten Mo-duls befand sich die Kommandobrücke in einer durchsichtigen Kuppel. Während eines Gefechts ließ sich die Brücke mit Panzerlamellen absi-chern. Die Brückenbesatzung konnte jedoch weiterhin uneingeschränkt die Vorgänge rund um das Schiff über eine 360°-Hologrammsicht verfol-gen. Hinter dem Kopf folgte der zylindrische Schiffskörper und am Heck die Antriebssektion mit den sechs halbmondförmigen Schubdüsen, die im Kreis angeordnet waren. Die Hauptbewaffnung imperialer Schiffe bestand aus mehreren Torpedorohren, die nicht nur in der Lage waren, nach vorn und nach achtern zu feuern, sondern in beschränktem Um-fang auch zur Seite.
Drizilschiffe sahen hingegen ganz anders aus. Sie wirkten wie gefähr-lich aussehende Vögel mit ausgebreiteten Schwingen, was zweifellos eine psychologische Wirkung erzielen sollte. Außerdem gab es eine Theorie unter Exo-Anthropologen, nach der die Drizil von Vögeln abstammten. Ihre Schiffskonstruktion schien dies zu untermauern.
»Sir?«, meldete sich der weibliche Kommunikationsoffizier zu Wort. »Eine Übertragung.«
»Herkunft?«
Der Lieutenant hantierte einige Sekunden an ihrer Station, bevor sie sich mit großen Augen erneut zu ihrem Kommandanten umdrehte.
»Von der Erde. Es ist Marschall Yaraton.«
Ein Blitz durchzuckte Lestrade und für einige wichtige Momente war er nicht in der Lage, sich zu regen oder auch nur ein Wort zu sagen. Ya-raton war der Oberbefehlshaber der imperialen Streitkräfte und er wich nie weit von der Seite des Kaisers.
»Verbindung aufbauen!«
Ohne nennenswerte Verzögerung baute sich ein Hologramm vor Le-strades Kommandosessel auf. Das durchscheinende Abbild eines Mannes in den Sechzigern mit schütterem Haar, Geheimratsecken und ernsten Augen erschien.
»Marschall?«
»Captain«, begrüßte der Mann Lestrade und nickte ihm knapp zu. »Ihr Status?«
»Mission abgeschlossen, Marschall. Ich habe es. Wir starten gerade von der Lunabasis.«
»Ausgezeichnet. Ich schicke Ihnen einige taktische Daten über die Aufstellung der Drizilschiffe. Möglicherweise haben wir eine Schwach-stelle in ihrer Formation entdeckt, durch die Sie schlüpfen können.«
»Vielen Dank, Marschall.« Lestrade zögerte. »Wo sind Sie gerade?« Der Mann lächelte wehmütig. »Noch auf der Erde. Genau wie Seine Majestät.«
»Aber …«
»Ich weiß. Wir sollten längst fort sein, doch es ist nicht alles nach Plan verlaufen. Wir haben zu lange gewartet. Unser Fluchtweg ist abge-schnitten. Die Drizil schießen jedes Schiff ab, das die Blockade zu durchbrechen versucht.«
»Halten Sie durch. Wir kommen und holen Sie.« Lestrade wollte gera-de den Befehl geben, als Yaratons erhobene Hand ihn zurückhielt.
»Keine Chance, Lestrade. Vergessen Sie es. Keines Ihrer Schiffe würde einen Rettungsversuch überleben. Ihre Aufgabe ist wichtiger als unsere Flucht. Und das wissen Sie auch.«
Lestrade zögerte erneut. Schließlich nickte er ergeben.
»Ja, Sir.«
»Wie ich höre, ist Commodore Rodriguez gefallen?!«
Das Hologramm flackerte leicht und Lestrade glaubte, im Hinter-grund Explosionen und Schüsse zu hören. Die Hauptstadt stand bereits unter massivem Beschuss.
»Ja, Sir.«
Ein Lächeln zog die Mundwinkel des Marschalls leicht nach oben. »Dann spreche ich hiermit eine Schlachtfeldbeförderung aus und erhebe Sie in den Rang eines Commodore. Leider müssen wir die Zeremonie und das Prozedere angesichts der Umstände auslassen, aber Sie verstehen das sicher.«
Lestrade schluckte schwer. Erst beim dritten Versuch gelang es ihm, seine staubtrockene Kehle unter Kontrolle zu bringen und ein einzelnes Wort herauszubringen.
»Verstanden …«
Marschall Yaraton nickte Lestrade ein letztes Mal zu. »Viel Glück … Commodore.«
Ohne auf eine Antwort zu warten, fiel das Hologramm in sich zu-sammen und verschwand.
Lestrade saß wie betäubt auf seinem Sessel, sich der Blicke seiner Brückenbesatzung kaum bewusst. Commodore. Er hatte immer gehofft, es eines Tages in den Rang eines Commodore oder vielleicht sogar eines Lord Admirals zu schaffen. Doch nicht so. Nicht, während die Zivilisati-on der Menschheit in sich zusammenfiel. Und auf seinen Schultern laste-te die Verantwortung, wenigstens einen Teil dieser Zivilisation zu retten.
»Sir?«, sprach sein XO ihn an. »Ihre Befehle?« »Haben Marschall Yaratons Daten uns erreicht?« »Jawohl«, bestätigte Mueller. »Einspeisen.«
Kurz darauf starrte Lestrade auf eine Sternkarte des Solsystems. Die Daten von der Erde waren in der Tat hilfreich, verfügte der Blaue Planet doch über weitreichendere und vor allem sensiblere Sensoren als jedes seiner Schiffe.
»Sehen Sie das?«, fragte er seinen XO, der neugierig näher trat und die Stelle betrachtete, auf die Lestrade deutete.
»Ja, allerdings. Die Drizil kümmern sich im Wesentlichen um Mars und Erde. Dazwischen befinden sich so gut wie keine feindlichen Einhei-ten. Sie konzentrieren sich darauf, die letzten Widerstandsnester zu bre-chen. In Richtung Sonne sind kaum Schiffe von ihnen. Wenn wir jetzt ausbrechen und in Richtung Sonne beschleunigen …«
»Gelingt es uns vielleicht, durchzubrechen, bevor sie reagieren kön-nen«, vollendete Lestrade den Satz.
»Alle Schiffe Gefechtsformation einnehmen. Kurs auf die Sonne neh-men.«
»Aye-aye, Sir.«
»Wie viel Drizilschiffe befinden sich auf unserer unmittelbaren Flug-bahn?«
»Achtzehn, Sir.«
Lestrade überlegte fieberhaft. Das war zwar kein schlechtes Verhältnis,
doch schlechter, als er es sich gewünscht hätte. Dieses Gefecht würde nicht ohne Blessuren für sein Geschwader ausgehen. Da führte kein Weg dran vorbei. Falls die Drizil seine Taktik durchschauten und es ihnen ge-lang, weitere Schiffe zur Verstärkung heranzuführen, bevor ihm der Durchbruch gelang, würde es noch weit schlimmer werden, vielleicht so-gar unmöglich.
Doch derlei Gedanken behielt er wohlweislich für sich. Ein Komman-dant musste selbst in schwierigen oder ausweglosen Situationen einen kühlen Kopf bewahren und Optimismus ausstrahlen. Optimismus war das A und O.
Die einundzwanzig Schiffe beschleunigten gleichmäßig auf Reisege-schwindigkeit Richtung Sonne, während um sie herum das Solsystem in Chaos und Blut versank. Für einen Augenblick überlegte Lestrade, den Kurs zu ändern und die Schiffe anzugreifen, die die Erde belagerten. Nur die Dringlichkeit seiner Mission und die Tatsache, dass sonst niemand mehr hier war, der diese Mission hätte ausführen können, hinderten ihn daran.
»Feindliche Schiffe auf unserer Flugbahn«, meldete Mueller. »Direkter Kurs auf uns.«
»Effektive Gefechtsdistanz?«
»In zweiunddreißig Minuten. Feindliche Schiffe halten direkt auf uns zu. Außerdem sind feindliche Einheiten aus der Mars-Umlaufbahn ausge-schwenkt und verfolgen uns.«
»Können Sie uns einholen?«
»Möglicherweise. Falls uns die Schiffe voraus zu lange aufhalten.« »Dann wollen wir mal den Weg freiräumen«, meinte Lestrade mehr
zu sich selbst und fletschte kampflustig die Zähne. Wenigstens würde er sich nicht davonstehlen, ohne vorher noch einige Drizil ins Jenseits zu schicken.
»Energiewaffen laden und Fernkampfbewaffnung in Bereitschaft.« »Aye-aye, Cap… Commodore.«
Lestrade hörte Muellers Fauxpas, entschloss sich jedoch dazu, diesen zu ignorieren. Alle Beteiligten würden Zeit brauchen, sich an seinen neu-en Rang zu gewöhnen. Er selbst bildete da keine Ausnahme.
Die Minuten vergingen quälend langsam, während die zwei Verbände aufeinander zuschossen. Auf dem taktischen Hologramm bemerkte er, wie die Drizilschiffe aus Richtung Mars an ihrem Heck klebten und sich abmühten, die kleine Gruppe fliehender menschlicher Schiffe einzuholen. Lestrade warf der Anzeige an der oberen rechten Ecke einen kurzen Blick zu. Die Uhr lief rückwärts und zeigte die Zeit an, die das Geschwa-der benötigte, um die zum Sprung in den Hyperraum notwendige Min-destgeschwindigkeit zu erreichen.
Es würde knapp werden. Verdammt knapp sogar. Falls sie die Schiffe voraus schnell genug abfertigten, konnten sie es jedoch schaffen. Mit viel – mit sehr viel – Glück. »Noch zwölf Minuten, Sir.« »Jäger ausschleusen!«
Die beiden Träger der Fortress-Klasse setzten in kurzen Intervallen ihre Jäger ab. Jedes der beiden Schiffe führte acht Staffeln zu je sechs Jä-gern mit sich. Die kleinen Vanguard-Jäger – schnittige Aufklärer mit Stummelflügeln und Doppeltriebwerk – übernahmen die Spitze der For-mation, dicht gefolgt von den schwereren Shadow-Abfangjägern und den klobigen und schwerfälligen Mammoth-Jagdbombern.
Lestrade hätte sich im Augenblick nichts sehnlicher gewünscht, als eine Anzahl Torpedoschnellboote auf seiner Seite zu wissen. Die winzi-gen, aber tödlichen Schiffe hätten eine schöne Schneise in die feindliche Formation gerissen. Leider waren alle Boote im Solsystem bereits zerstört oder in schwere Kämpfe verwickelt.
Den terranischen Jägern standen schwere Driziljäger vom Typ Blutsta-chel und Abfangjäger vom Typ Flüsterwind gegenüber. Die Namen der Drizil für diese Maschinen waren nicht für menschliche Zungen geeignet, doch die Übersetzung kam an diese beiden Bezeichnungen am ehes-ten heran.
Lestrade bemerkte sofort das Ungleichgewicht. Nicht nur, dass die Drizil vier Trägerschiffe gegen seine zwei ins Gefecht führten, die Drizil-träger waren überdies in der Lage, zwölf Staffeln zu je acht Jägern mit sich zu führen.
Die beiden Jagdverbände formierten sich jeweils oberhalb ihrer Groß-kampfschiffe, um dem zu erwartenden Fernkampfbeschuss nicht in die Quere zu kommen.
»Effektive Gefechtsdistanz erreicht.«
»FEUER!«
Das Geschwader spie eine Salve Torpedos auf den nahenden Gegner. Die Drizil eröffneten beinahe zeitgleich das Feuer. Während menschliche Schiffe Torpedoprojektile feuerten, verschossen die Drizilschiffe nicht nur eine Art Torpedos, die aus purer Energie bestanden, sondern zusätz-
lich etwas ungleich Tödlicheres. Ihr Feind feuerte im Fernkampf nämlich Projektile ab, die mit einer geleeartigen Masse gefüllt waren. Es handelte sich um eine Art genmanipulierter Amöben, die von den Schiffsbesat-zungen nur die Grüne Pest genannt wurde.
Einmal infiziert, musste ein Schiff in neunzig Prozent der Fälle als verloren angesehen werden. Die Projektile waren in der Lage, Panzerung zu durchbrechen, und entließen die Grüne Pest ins Innere des Zielschiffes. Dann begann das Grauen. Die Amöben fraßen sich durch alles, egal ob anorganisch oder organisch.
Im Laufe der Zeit hatte es viele Ansätze gegeben, dieser Bedrohung Herr zu werden, um Schiff und Besatzung zu retten. Ein Lösungsvor-schlag lautete, die betreffende Sektion abzuschotten und dem Vakuum auszusetzen, ein anderer schlug den Einsatz von Marines mit Flammen-werfern vor. All dies waren zwar gangbare Möglichkeiten, doch oft konn-ten diese nicht schnell genug umgesetzt werden, um ein Schiff zu retten, und es blieb nur noch der Einsatz der Rettungskapseln.
Lestrade dankte Gott auf Knien dafür, dass die Drizil die Grüne Pest nicht gegen Planeten, sondern nur gegen andere Kriegsschiffe einsetzten. Die Pest machte nämlich keinen Unterschied zwischen Menschen und Drizil. Ein infizierter Planet könnte nie wieder betreten, geschweige denn kolonisiert werden. Und da die Drizil hinter menschlichen Welten, deren Lebensraum und Rohstoffen her waren, gingen die Kriegsgegner der Menschheit mit ihrer biologischen Waffe sehr sorgfältig um. Sie achteten peinlich genau darauf, diese Waffe nicht in unmittelbarer Nähe eines be-wohnbaren Planeten einzusetzen, um das Risiko zu vermeiden, einen intakten Planeten durch Fehlschüsse zu kontaminieren.
Beide Seiten achteten weiterhin darauf, dass ihre Lenkwaffen nicht unkontrolliert durchs All flogen, sofern sie kein feindliches Schiff trafen. Im Falle des Imperiums limitierte der Brennstoff die Reichweite der Tor-pedos. Ging der Brennstoff zur Neige, zerstörten sie sich nach fünf Se-kunden selbst. Die Energietorpedos der Drizil lösten sich nach einer Wei-le selbständig auf. Keiner der Kriegsparteien war daran gelegen, dass nach einer Schlacht Hunderte von potenziellen Zeitbomben durch ein System trieben.
Die Durchschlagskraft der Energietorpedos der Drizil war enorm, auch wenn sie auf dem Weg zwischen Herkunftsschiff und Ziel viel von ihrer Energie einbüßten und diese in die Kälte des Alls abstrahlten, doch nichts im Arsenal des Feindes war so gefürchtet wie die Grüne Pest.
»Achtung! Einschlag!«
Die VENGEANCE bäumte sich mit einer Plötzlichkeit auf, die Lestrade die Luft aus den Lungen presste. Nur sein Sicherheitsgurt verhinderte, dass er über seine eigene Brücke geschleudert wurde.
Mit einem Auge beobachtete er das taktische Display. Neun feindli-che Großkampfschiffe verschwanden mit einem Mal vom Plot. Drei Zer-störer, ein Träger, vier Fregatten und sogar ein Drizil-Flaggschiff der In-truder-Klasse – oder wie die Drizil sie nannten, der Ek’naj’mek-Klasse, der größte Kriegsschiffstyp im Arsenal des Feindes. Das Schiff war um dreißig Prozent größer als ein Schlachtkreuzer der Swordmaster-Klasse, der das größte Schiff auf terranischer Seite war.
Eine weitere Energietorpedosalve der Drizil hämmerte brutal auf sein Geschwader ein und schüttelte sein Schiff durch. Es wurde zur Tortur, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.
»Schadensbericht!«
Sein XO eilte umgehend an seine Seite. »Bugpanzerung ist um zwan-zig Prozent reduziert. Kein interner Schaden. Noch sind die Drizilwaffen nicht durchgedrungen.«
»Der Rest des Geschwaders?«, fragte Lestrade, obwohl er bereits wuss-te, dass ihm die Antwort nicht gefallen würde.
Mueller zögerte einen Moment. Er fuhr erst fort, als Lestrade ihm einen scharfen Blick zuwarf. »Zwei Korvetten zerstört. Totalverlust. Einer der Begleitkreuzer ist schwer angeschlagen. Lebenserhaltung und künstlicher Schwerkraft sind nur minimal verfügbar. Torpedobewaffnung um fast sechzig Prozent reduziert.«
Lestrade knirschte mit den Zähnen. Das kurze Gefecht war sogar noch schlimmer ausgegangen, als er befürchtet hatte. Doch ihm blieb keine Zeit, mit seinem Schicksal zu hadern, denn die überlebenden Dri-zilschiffe schlossen schnell auf. Ein Nahkampf war unvermeidlich.
Er fragte sich, warum die Drizil nicht die Grüne Pest einsetzten, doch er vermutete, dass diese Schiffe wohl ihren Vorrat an dieser Waffe aufge-braucht hatten. Immerhin kämpften sie schon den ganzen Tag und die-sen Einheiten waren mit Sicherheit bereits viele terranische Schiffe zum Opfer gefallen.
Die Jäger beider Seiten gaben Vollschub und beharkten sich auf kür-zeste Distanz. In der Schwärze des Alls blühten rote und grüne Explosio-nen auf, als Maschinen hüben wie drüben wie überreifes Obst zerplatz-ten.
Die schweren Mammoth-Jäger mit den Zwillingsgeschütztürmen auf dem Dach und der lang gezogenen Schnauze, in der sich die Zielerfassungssensoren befanden, führten den Vorstoß an.
Die Kontrahenten schenkten sich nichts und Gnade wurde zu einem Wort ohne Bedeutung. Der Gegner war zwar zahlenmäßig überlegen, doch das terranisch-imperiale Pilotenprogramm galt als das beste über-haupt und die menschlichen Piloten manövrierten den Gegner immer wieder aus.
Eine beliebte Taktik war es, in Dreiergruppen zu agieren. Ein Jäger spielte den Köder, bot sich als Ziel an, und wenn Driziljäger die Verfol-gung aufnahmen, schnappte die Falle zu und zwei andere terranische Jä-ger erledigten die Verfolger. Leider war es oftmals auch der Köder, der da-bei auf der Strecke blieb. Die Drizil jedoch zahlten einen hohen Zoll an Leben und Material.
Die Kampfschiffe der Drizil kamen drohend näher und passierten ihre menschlichen Widersacher auf kürzeste Distanz.
»Volle Breitseite!«, befahl Lestrade und die Schiffe seines Geschwaders eröffneten das Feuer auf den verhassten Feind.
Die Laserbatterien der Breitseite schnitten tiefe Breschen in die Flan-ken der feindlichen Kriegsschiffe. Panzerung wurde auseinandergeschnit-ten und schmolz in dicken Tropfen dahin, die im All nahezu umgehend zu seltsam anmutenden Formen erstarrten. Punktverteidigungslaser be-mühten sich währenddessen, die Jäger der Drizil und die Geschosse der feindlichen Kriegsschiffe ins Visier zu nehmen. Sie gaben immer wieder kurze Lichtimpulse ab, die alles zerfetzten, mit dem sie in Berührung ka-men.
Auf kurze Distanz verwendeten die Drizil Geschütze, die Explosivpro-jektile verschossen, die im Falle eines Treffers in der Lage waren, die Pan-zerung aufzureißen.
Lestrade rannen dicke Schweißperlen über die Stirn. Mit einer unge-duldigen Geste wischte er sie beiseite.
Eine weitere Korvette geriet ins Kreuzfeuer zweier feindlicher Fregat-ten und innerhalb weniger Sekunden überzog das gegnerische Feuer die Oberfläche des kleinen, unglückseligen Schiffes mit einem Teppich aus Feuer.
Die Panzerung hielt derartige Kräfte nicht lange aus und das Schiff brach der Länge nach auf. Männer und Frauen wurden zappelnd ins All gerissen, als es in Stücke gerissen wurde.
Der bereits angeschlagene Begleitkreuzer NORWEGEN lieferte sich ein Duell mit gleich zwei feindlichen Zerstörern und einem Flaggschiff der Intruder-Klasse. Trotz seiner enormen Gefechtsschäden schlug sich die NORWEGEN fabelhaft. Der Skipper des Begleitkreuzers bewies ein intuiti-ves Geschick dafür, das Schiff immer wieder durch das gegnerische Feuer gleiten zu lassen und dem Gegner dabei unbeschädigte Panzerung zuzuwenden, an der der Beschuss nahezu wirkungslos verpuffte.
Im Gegenzug schoss die NORWEGEN einen der Zerstörer in Stücke und den zweiten manövrierunfähig. Das hilflose Schiff trudelte steuerlos davon. Die Mannschaft konnte nur noch hoffen, dass irgendwann je-mand die Zeit fand, sie zu bergen.
Der Intruder erwies sich jedoch als härtere Nuss. Das Drizilschiff war fast viermal so groß wie der Begleitkreuzer und um ein Vielfaches besser bewaffnet.
Die beiden Schiffe tauschten auf kürzeste Distanz Salven aus und füg-ten sich gegenseitig schwere Schäden zu. Der Intruder verlor mehrere Ge-schützrohre an Bug und Steuerbord, der Begleitkreuzer durch die Ant-wort des Drizilschiffes im Gegenzug fast seine gesamte Backbordbewaff-nung. Die NORWEGEN begann zu schlingern, was auf eine Beschädigung des Reaktors und/oder des Antriebs hindeutete.
Eine Jagdstaffel und ein Angriffskreuzer der Ares-Klasse eilten herbei, um dem Schiff zu Hilfe zu kommen. Der kampfstarke Kreuzer verheerte die Panzerung oberhalb des Drizilschiffes, während die Mammoth-Jäger Präzisionsangriffe flogen, um Waffenstellungen, Kommunikationsanlagen und vitale Systeme zu zerstören.
Das Abwehrfeuer des Intruder wischte zwei Mammoth-Jäger wie Flie-gen beiseite und ließ den Ares-Angriffskreuzer erzittern wie ein verwun-detes Tier.
Die NORWEGEN hatte indes nahezu ihr komplettes Waffenarsenal ein-gebüßt und dachte nur noch an Flucht. Die Drizil waren jedoch nicht bereit, ihr diese Option zu gestatten. Salve um Salve schlug auf den Be-gleitkreuzer ein, zertrümmerte Panzerung und drang ins Innere des Schiffes vor. Eine Reihe von Sekundärexplosionen riss die Panzerung an mehreren Stellen von innen auf. Flammen leckten ins Freie, nur um vom Vakuum erstickt zu werden. Die NORWEGEN wurde von innen heraus verzehrt.
Lestrade bezweifelte, dass von der Besatzung überhaupt noch jemand am Leben war.
Wut überkam ihn und füllte jede Faser seines Körpers mit Hass. Und wieder hatten die Drizil gute Menschen ermordet. Menschen, die ihr Schicksal nicht verdienten. Natürlich lag das in der Natur des Krieges, doch dies interessierte Lestrade in diesem Moment nicht.
»Beidrehen!«, befahl er.
Die VENGEANCE schwenkte gehorsam in einem Dreißiggradwinkel herum, um das feindliche Großkampfschiff ins Visier zu nehmen. Dieses war vollauf damit beschäftigt, den Ares-Kreuzer zu bedrängen, dessen Lage inzwischen ebenfalls immer verzweifelter wurde.
»Feuer!«
Wie ein Vorbote der Hölle ließ die VENGEANCE ihr gesamtes Waf-fenarsenal auf den völlig überraschten Intruder nieder. Mit der ersten Sal-ve schaltete die VENGEANCE den Antrieb des Großkampfschiffes aus. Die zweite Salve zerriss die durch den Kampf mit der NORWEGEN ohnehin schon geschwächte Steuerbordpanzerung wie Papier. Die Lasersalven drangen tief ins Innenleben des Intruder vor und verdampften auf ihrem Weg Geräte, Ausrüstung und Besatzungsmitglieder gleichermaßen.
Mithilfe seiner Manövrierdüsen schwenkte der Intruder schwerfällig herum, um sich diesem neuen überragenden Gegner zu stellen, doch Le-strade ließ ihm dazu keine Gelegenheit.
Er setzte eine weitere Salve nach, die von einer heftigen Explosion am Heck belohnt wurde. Das Schiff stellte sein Feuer von einer Sekunde zur nächsten ein – nur Augenblicke bevor es von einer gewaltigen Detonation auseinandergerissen wurde.
Lestrade ließ sich schwer in seinen Sessel sinken. Er atmete ein paar-mal gut durch, bevor er sich erneut dem taktischen Plot zuwandte. Es be-fanden sich keine feindlichen Schiffe mehr auf ihrer Flugbahn. Die meis-ten Drizileinheiten in ihrer unmittelbaren Umgebung waren zerstört und die wenigen Überlebenden flüchteten unter den Feuerschutz der verfol-genden Drizilschiffe. Die Verfolger holten immer mehr auf, doch sie wür-den zu spät kommen.
»XO? Kurs auf die Sonne. Sobald wir die Korona hinter uns gelassen und eine angemessene Geschwindigkeit aufgebaut haben, springen wir in den Hyperraum.«
»Aye, Sir.«
Lestrade musterte sein taktisches Display und zählte die verbliebenen Einheiten unter seinem Kommando. Außer der NORWEGEN und der drit-ten Korvette hatten sie noch einen Angriffskreuzer der Ares-Klasse und
einen weiteren Begleitkreuzer der Guardian-Klasse verloren, außerdem einen Träger. Die überlebenden Jäger setzten zur Landung auf dem ver-bliebenen Träger an. Es waren nicht einmal genug, um die Hangars des einen Trägers aufzufüllen, den sie noch hatten.
Sie waren entkommen, keine Frage. Doch der Preis hierfür war unge-heuer hoch.
»Welche Sprungkoordinaten soll ich eingeben, Commodore?« Lestrade dachte einen Augenblick angestrengt nach. Die Frage war ei-
gentlich keine. Im Moment gab es nur einen sicheren Ort in der Galaxis. »Nach Perseus, Eugene. Bringen Sie uns nach Perseus.«
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Re: SF-Reihe "Das gefallene Imperium" von Stefan Burban
Große Winteraktion beim Gefallenen Imperium:
Der Verlag hat für einige Tage die Preise der Ebooks gesenkt: Band 1 kostet momentan 0,99 Euro und die Bände 2 - 10 jeweils 4,99 Euro. Wer die Ebooks noch nicht hat, schnell zugreifen.
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Re: SF-Reihe "Das gefallene Imperium" von Stefan Burban
Ab sofort gibt es das 6-teilige Imperium-Spin-Off "Codename Ganymed" auch als Sammelband. Das Ebook ist ab sofort vorbestellbar. Es erscheint zum 10.12.24:
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