Michael Stavarič (Text), Michèle Ganser (Illustrationen): Faszination Haie – Wächter der Meere (ab 6 J.)

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Vandam
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Michael Stavarič (Text), Michèle Ganser (Illustrationen): Faszination Haie – Wächter der Meere (ab 6 J.)

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Michael Stavarič (Text), Michèle Ganser (Illustrationen): Faszination Haie – Wächter der Meere (ab 6 J.), Graz 2024, Leykam Verlag, ISBN: 978-3-7011-8315-9, 144 Seiten, Hardcover mit Strukturpapier und Metallic-Folie, zahlreiche großformatige s/w-Zeichnungen mit Gestaltungselementen in metallic-pinkfarbenem Foliendruck, Format: 20,4 x 1,7 x 30,1 cm, EUR 26,00 (D) / EUR 26,50 (A).

„Taucht ab in die Tiefen des Ozeans und begebt euch in das unglaubliche Reich der Wissenschaft!“ (Aus dem Klappentext)

Plauderton und tolle Bilder

Das Buch ist außen wie innen sehr hochwertig ausgestattet. Die detailreichen Illustrationen, die oft vor einem schwarzen Hintergrund stehen, machen was her. Insbesondere, wenn sie mit metallic-pinkfarbenen grafischen Akzenten versehen sind. Und schlauer machen die Bilder obendrein, weil sie uns schwarz auf weiß zeigen, wovon uns Autor Michael Stavarič erzählt. Dies tut er in einem locker-leichten, kindgerechten Plauderton.

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Ich habe mir die ganze Zeit vorgestellt, wie er bei einer (Familien-)Feier sämtliche anwesenden Kinder um sich schart, die schon während des Essens betteln: „Bitte, bitte, Onkel Michi, erzähl uns eine Geschichte!“ Weil sie genau wissen, wie klug der Mann ist und wie unterhaltsam er über Erlebtes, Gesehenes und Gelerntes berichten kann. Da die Kids wahrscheinlich Geschichten über Tiere, Abenteuer, das Meer und Monster eingefordert haben, sammelt er sich kurz und spricht über … Haie. Genau so klingt für mich dieser Erzählton.

Manchmal kommt der Onkel auch vom Thema ab, aber solange das, was er zum Besten gibt, interessant und spannend ist, ist das dem jungen Publikum egal. Und wenn er seine Ausführungen mit ein paar seiner unfassbar schlecht gereimten – und ich bin sicher, das weiß er! – Vierzeiler auflockert, zerkugeln sich die Kids vor Lachen.

Ein Kinder-Sachbuch mit Event-Charakter

Wenn die Feier dann zu Ende ist und die Familien nach Hause fahren, ist der Onkel heiser, die Eltern hatten ihre Ruhe, die Kinder ihren Spaß und sie haben dazu noch was gelernt. :-D Ein Kinder-Sachbuch wie ein Event, eine Veranstaltung zwischen zwei Buchdeckeln! Sogar was mit „Augmented Reality“ ist dabei, wenn man den QR-Code vom Cover abscannt und sich eine App aufs Smartphone lädt. Das habe nicht getan, weil ich nicht genau wusste, was ich mir damit ins Haus hole.

Das Buch wird schon für Leser:innen ab 6 Jahren empfohlen. Ich glaube nicht, dass man in dem Alter bereits alles versteht, was hier geboten wird, auch nicht, wenn man es von einem Erwachsenen vorgelesen bekommt. Aber bei etwas älteren „Schlauköpfen“, wie der Autor seine Leserschaft nennt, wird schon das eine oder andere hängen bleiben.

Faszinierende Fakten

Warum, zum Beispiel, kann man nur mutmaßen, wie groß der ausgestorbene Megalodon, die größte Haiart, die je auf unserem Planeten gelebt hat, wirklich war? Nun, weil von ihm nur Zähne übriggeblieben sind, kein Skelett. Wieso das? Weil Haie, genau wie Rochen, Knorpelfische sind. Ihr „Gerüst“ besteht aus dem gleichen Material wie unsere Ohren oder unsere Nasenspitze. (Darüber habe ich in der Tat noch niemals nachgedacht!)

Haie sind niemals ausgewachsen, sie wachsen ihr ganzes Leben lang. Und auch ihre Zähne wachsen immer wieder nach. „Revolverzähne“ nennt man das. In einem Hai-Leben verbrauchen sie circa 30.000 Stück davon. Ein tolles System! Haie gibt’s in vielen Größen und Formen, man teilt sie in über 500 Arten ein. Ein paar besonders prägnante stellen uns der Autor und die Illustratorin in Wort und Bild vor.

Haie sind keine Monster

Wir erfahren, dass Haie kluge und neugierige Tiere sind und bei weitem nicht die menschenfressenden Monster, als die sie verschrien sind. Der Kinofilm DER WEISSE HAI hat den Tieren keinen guten Dienst erwiesen. Die Wahrscheinlichkeit, in einen Haiunfall verwickelt zu werden ist, statistisch betrachtet, ungefähr so groß, wie die, einen Lotto-Jackpot zu knacken.

„Haie sind für uns wirklich so ziemlich die ungefährlichsten Lebewesen weltweit, trotz ihrer beeindruckenden Kraft, ihrer scharfen Zähne und der Tatsache, dass Millionen Menschen ständig in Ozeanen baden gehen und auf Millionen von Haien treffen.“ (Seite 26)

Natürlich kommt man bei einem Buch über Meerestiere an Themen wie Tier- und Naturschutz nicht vorbei. Und so werden auch Klimawandel, die Gefahren von Mikroplastik im Wasser und die Bejagung durch die Menschen angesprochen. Warum wir keinesfalls Haifischflossensuppe essen sollten, erklärt uns der Autor ebenfalls. Dabei spart er auch die Schilderung der grausamen Praktik des „Finning“ nicht aus: Hai fangen, Flossen abschneiden, Hai zum Sterben zurück ins Wasser schmeißen. Das ist für junge Leser:innen bestimmt starker Tobak, aber in diesem Zusammenhang eben auch wichtig.

Mit Rätseln und Mitmach-Aufgaben …

Neben Sachinformationen gibt es in dem Buch auch Zusatzinfos „für Schlauköpfe“, Rätsel und Mitmachaufgaben sowie fiktive Social-Media-Beiträge einer Hai-Dame, inklusive der ebenso fiktiven Kommentare ihrer Follower. – Kann eigentlich jemand was auf dem 3D-Bild auf den Seiten 92/93 erkennen? Ich ahne zwar, wo da was sein könnte, aber der „Magische-Auge-Effekt“ will sich nicht einstellen. Vielleicht, weil das Bild in der Mitte durch den Falz geteilt wird.

… und mit thematischen Abschweifungen

Ich kann gut nachvollziehen, warum die „Faszination“-Reihe des Leykam-Verlags mehrfach ausgezeichnet worden ist, nur bin ich eben kein Fan ausschweifender thematischer Abschweifungen. Über Haie gibt es sicher genug Fesselndes und Wissenswertes zu erzählen, warum referiert der Autor dann noch über Gold, Pilze, künstliche Intelligenz und allerlei fliegendes Getier?

Um beim Eingangsbild zu bleiben: Mir leuchtet ein, dass jemand, der eine Kinderschar mit Geschichten bei Laune halten will, alles erzählt, was ihm gerade durch den Kopf geht, Hauptsache, die Kleinen sind ruhig. In einem Sachbuch, egal ob es für Kinder oder für Erwachsene konzipiert ist, stört mich das. Das ist für mich undiszipliniertes Gebabbel. Ich will aber nicht ausschließen, dass das (m)ein individuelles Problem ist und andere Leserinnen und Leser das möglicherweise ganz anders empfinden.

Der Autor

Michael Stavarič, geboren 1972 in Brno, lebt als freier Schriftsteller, Übersetzer und Dozent in Wien. Er wäre früher gerne Meeresbiologe geworden, jetzt schreibt er Kinderbücher, Romane, Theaterstücke und Gedichte, interessiert sich aber noch immer für Fauna und Flora, besonders für Meerestiere.

Die Illustratorin

Michèle Ganser, 1995 in Aachen geboren, studierte Kommunikationsdesign in Aachen und Mainz. Besonders faszinieren sie das Weltall, die Sterne und die unterschiedlichen Planeten. In ihren Illustrationen vereinigt sie auf ungewöhnliche Weise spannende Themen und erschafft so ganz neue Welten.
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