Die Zwerge von Amboss von Thomas Plischke

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Keksigirl
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Registriert: Do 6. Nov 2008, 14:47

Die Zwerge von Amboss von Thomas Plischke

Beitrag von Keksigirl »

Einfach zwergotastisch

Zum Einstieg ein paar eigene Worte zum Inhalt:
Machtgierige, skrupellose Zwerge, unmenschliche Experimente und ein mutiger Zwerg...
Wahlen stehen an im Zwergenbund. Die Zwerge sind unzufrieden, der Ausgang der Wahlen ungewiss, denn es mangelt an Arbeitsplätzen und Geld und immer mehr menschliche Flüchtlinge kommen in den Bund ? ein Krieg steht kurz bevor.
Zudem wird in der Stadt Amboss ein Zwerg ermordet und gleich steht für die Zwerge fest: Das kann nur ein Mensch gewesen sein. Der Verdächtige wird kurz darauf tot aufgefunden, alles sieht nach Selbstmord aus und der Fall scheint gelöst. Doch der Sucher Garep ist nicht davon überzeugt, als dann aber ein zweiter Zwerg vor seinen Augen von einem Menschen getötet wird und der daraufhin Selbstmord begeht, kann er nicht mehr verhindern, dass ihm der Fall entzogen wird. Garep stellt auf eigene Faust weitere Nachforschungen an, die ihn nicht nur selbst zum Gejagten machen, sondern ihn auch erkennen lassen, dass eine Macht am Werk ist, die nur von Zwergen und Menschen gemeinsam aufgehalten werden kann...

Die Handlung des Buch gliedert sich in 3 Handlungsstränge. Der Hauptstrang erzählt die Geschichte um die Ermittlungen von Garep und Bugeg, die in der Stadt Amboss nach den Ursachen der Zwergemorde suchen. Die beiden Nebenstränge sind die Vorgänge in einer Heilanstalt, in der Halblinge und Menschen vom Anstaltsleiter Kolber und seinem Leiböffner Himek für grausame Experimente missbraucht und geopfert werden und die Suche des menschlichen Bestienjägers Siris nach seiner Schwester, die im Zwergenbund lebt. Zuerst haben die Erzählstränge nichts miteinander zu tun, aber im Laufe des Buches fügen sie sich immer mehr zu einem überzeugenden Gesamtkonzept zusammen.

Das Buch liest sich sehr gut, die Sprache ist anschaulich und lebhaft, so das man sich gleich mittendrin im Geschehen befindet. Einige unerwartete Überraschungen schaffen es immer wieder neue Spannung aufzubauen und das Buch sehr fesselnd zu gestalten. Der Umgang der Figuren untereinander scheint locker, denn alle duzen sich.
Die Ansichten der Zwerge über Menschen (sie nennen uns ?Langschädel?) können einen auch das ein oder andere mal zum Schmunzeln bringen.
Außerdem gibt es immer wieder Ähnlichkeiten zwischen den herkömmlichen Krimis und diesem Buch. So muss auch hier der Sucher Garep gegen die Ansichten seiner Vorgesetzten ermitteln und sein Assistent Bugeg ist völlig verblendet von seinen Vorurteilen.

Die Figuren sind liebvoll und vielschichtig gestaltet. Vom sympathischen und zuverlässigen Sucher Garep über den eifersuchtsbelasteten Sucher Bugeg und dem skrupellosen Anstaltsleiter Kolbner bis hin zum naiven, leichtgläubigen Leiböffner Himek, der sehr lange braucht um die Vorgänge in der Heilanstalt zu verstehen, haben alle Figuren einen passenden Charakter bekommen.

Alles in allem hat mir das Lesen viel Freude gemacht. Das Buch vereint gleich mehrere Genres, nämlich Fantasy, Krimi & Abenteuer. Man kann sagen, es handelt sich um ein oberzwergische Buch, voller zwergentoller Unterhaltung und zwergantischer Spannung, das einem zu wahren Zwergonatiker werden lässt.
LilStar
Beiträge: 50
Registriert: Do 13. Nov 2008, 16:35

Beitrag von LilStar »

"Die Zwerge von Amboss" ist der erste Teil einer Reihe mit dem Titel "Die zerrissenen Reiche". Es geht um Zwerge und um Menschen, aber auch um Halblinge. Alles unterschiedliche Rassen, die gemeinsam in einer Welt leben.

Dieser erste Teil spielt sich im Land der Zwerge ab. Der Autor beschreibt die Zwerge anders, als es Fantasy-Liebhaber wohl gewohnt sind, denn diese Zwerge ähneln mehr den Menschen, sind kulitiviert und haben eine sehr soziale Einstellung und eine ebenso soziale Struktur. Allerdings lassen solche Strukturen auch viele Probleme aufkommen und diese Probleme ähneln sehr denen, die in unserer realen Welt ebenfalls zu finden sind. So haben die Zwerge eine Abneigung gegen Menschen, was sich in unserer Welt mit Fremdenhass vergleichen lässt und ebenso gibt es viele soziale Unterschiede, mit denen im Land der Zwerge auch nicht anders umgegangen wird als hier. Mit Gewalt, Intrigen und Verschwörungen.

Das Buch ist in zwei Teile unterteilt. Im ersten Teil wird die Geschichte aus der Sicht der vier Hauptcharaktere geschildert, die auf sich gestellt ihre Abenteuer erleben. Im zweiten Teil treffen diese vier Personen dann aufeinander und teilen sich in zwei Gruppen, die wiederrum alleine weiter ziehen. Im zweiten Teil kommen dann noch zwei weitere Erzählperspektiven von weiteren Personen hinzu.

Die Schreibweise des Autors ist wirklich brilliant. Plischke weiß zu erzählen und unterhalten. Die Welt der Zwerge wird wirklich unglaublich detailiert beschrieben, so dass sich der Leser problemlos darin zurecht finden kann. Auch die Karte auf den ersten Buchseiten trägt dazu bei sich die Welt, in der die Geschichte spielt, bildlich darstellen zu können.
Was mir nicht so gut gefallen hat ist die unglaubliche Vielfalt. Ich wüsste nicht wirklich in welches Genre ich dieses Buch stecken sollte. Fantasy? Ja, ein wenig, aber zu wenig. Krimi? Auch nicht genug. Polit-Thriller? Sicherlich. Von allem ein wenig steckt in diesem Roman und außerdem noch eine große Portion Sozialkritik und ich fürchte, dass dieses durcheinander nicht jeden Leser zufrieden stellen wird.

Ebenso muss ich noch das Titelbild kritisieren, denn mit der Darstellung des abgebildeten Zwerges haben die Zwerge im Roman nicht allzu viel gemein.
brasida
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Registriert: Mi 3. Dez 2008, 15:55

Möge Deine Arbeit Bestand haben

Beitrag von brasida »

Inhalt:
Der Wahlkampf im Zwergenbund hat begonnen. Der Oberste Vorarbeiter Gorid hat große Pläne seinen Namen auch für die Zukunft unvergessen zu machen.
In der Zwergenstadt Amboss kommt es zu einem rätselhaften Mord an einem Zwerg durch einen Menschen. Sucher Garep Schmied ist mit den Ermittlungen beauftragt.
In den zerrissenen Reichen, nahe der Menschenstadt Gottespfand erhält der Jäger Siris einen neuen Auftrag. Doch er ist auch in Sorge um seine Schwester die im Zwergenbund lebt.
In der polnahen Zwergenstadt Stahlstadt arbeitet Himek Steinbrecher als Leiböffner in einer Heilanstalt. Er ist seinem Vorgesetzten Fejod Kolbner bei Experimenten an Menschen und Halblingen behilflich.
Doch in welcher Verbindung stehen diese Personen zueinander?

Meine Meinung:
"Die Zwerge von Amboss ? Die zerrissenen Reiche 1" konnte mich leider nicht vollständig überzeugen. Die Idee einer Welt in der die vermeintliche Krone der Schöpfung -der Mensch- eine eher untergeordnete Position einnimmt und den Zwergen an Fortschritt unterlegen ist, fand ich interessant.
Die Reaktionen der Menschen auf den Fortschritt tragen jedoch auch sehr zur Unterhaltung bei.
Die Zwerge führen ein Leben, das in etwa den technologischen Stand von vor 150 Jahren hat. Der Zwergenbund ist von einem Schienennetz durchzogen und die Zwerge haben Schusswaffen entwickelt. Dies schürt jedoch auch die Angst, dass dieses Wissen einem anderen Volk zukommen könnte, dass sich daraufhin gegen die Zwerge erhebt. Die Grenzen sind daher abgeschottet, es herrschen strenge Zollrichtlinien.
Wie weit darf Forschung Opfer einfordern? Welche Traditionen anderer Völker müssen geachtet werden und was ist ein Volk bereit zu tun, um ihre Machtposition zu bekräftigen oder gar zu stärken?
Durch die Unterschiede zwischen den naturverbundenen aber bürokratischen Halblingen, den industriellen Zwergen und den religiösen Menschen werden viele Fragen über die Struktur der unterschiedlichen Gesellschaften aufgeworfen.
Die Ansätze dazu fand ich gut, jedoch hat der Autor meiner Meinung nach hier zu viel auf einmal gewollt.
Im Buch wimmelt es zudem von Phrasen. Rituelle Begrüßungs- und Belobigungssätze der Zwerge, sowie religiöse Zitate der Menschen ziehen sich kontinuierlich durch den Roman. Das ist anfangs unterhaltsam, später empfand ich es jedoch als anstrengend.
Durch die unterschiedlichen Handlungsstränge, die zunächst ohne Verbindung zueinander standen, hatte ich Probleme mich in die Geschichte einzufinden.
Ohne das hilfreiche Kartenmaterial hätte mir auch die Orientierung gefehlt, was denn überhaupt die Zerrissenen Reiche sind und wie die Flüchtlinge in den Zwergenbund gelangen. Anhand der Karten wird jedoch auch deutlich, dass es sich bei dieser Welt nicht um die Erde handeln kann. Der Planet scheint kleiner zu sein, die Kontinente sind anders angeordnet und die Klimazonen anscheinend weniger ausgeprägt.
Das Titelcover hat mich nicht wirklich überzeugt, da es auch nicht zum Bild der Zwerge passt, dass man sich beim Lesen macht.
Den Titel finde ich dagegen gut gewählt, da in diesem Buch tatsächlich zunächst die Zwerge aus der Stadt Amboss im Vordergrund stehen.

Fazit:
Wer Bücher mag, die über die Grenzen des Genre hinausgehen und auch Bücher über und mit Zwergen, wird sich hier gut unterhalten fühlen.
Weeth
Beiträge: 8
Registriert: Fr 13. Feb 2009, 16:38

Beitrag von Weeth »

Spannung, Fantasy und Humor

Ein Mord ist geschehen: Ein Komponist wurde mit seiner Flöte erstochen. Die beiden Ermittler Garep (der noch immer den Tod seiner Frau nicht verkaftet hat) und Bugeg (der sich nur von seinen Vorurteilen leiten lässt) nehmen die Ermittlungen auf.
Was wie ein normaler Krimi klingt ist weitaus mehr, denn der Mord ist im Reich der Zwerge geschehen und auch Garep und Bugeg sind zwei bärtige Gesellen. Doch das Buch hat noch viel mehr zu bieten, denn auch der blutrünstige Wissenschaftler, der über Leichen geht, fehlt in diesem Buch nicht. Er stellt grausame Experimente an, um aus Halblingen, übersinnliche begabte Kommissare zu machen, die auch vor Mord nicht zurückschrecken, um die Wiederwahl des Obersten Vorarbeiters zu sichern.

Mir hat das Buch gut gefallen, die Sprache ist leicht und locker und die Idee einfach super. Das ist wirklich mal was Neues und hat mich vollkommen überzeugt.
Es gibt viele Ähnlichkeiten mit der uns bekannten Welt, auch hier werden die Arbeitskräfte immer mehr durch Maschine ersetzt und die Verarmung einiger Gebiete wird immer schlimmer. Aber eben auch viele Unterschiede, die es einfach spannend machen das Buch zu lesen.
Ich bin schon jetzt gespannt auf die Fortsetzung.
sillesoeren
Beiträge: 22
Registriert: Sa 8. Nov 2008, 17:02

Beitrag von sillesoeren »

In Amboss, der größten Stadt im Dampfland, geschieht ein grausamer Mord. Ein berühmter Komponist wird mit einer Silberflöte im Rücken aufgefunden. Das ist schon der dritte Mord, bei dem der Tathergang und die Tatwaffe als sehr ungewöhnlich eingestuft werden können.
Kommissar Garep Schmied und sein Gehilfe Bugeg Gerber bemühen sich um die Aufklärung des Falles. Dabei kommen alle denkbaren Mordmotive von politischer Motivation über Mord aus Leidenschaft bis hin zu Rache in Betracht. Entsprechend müssen sie in alle Richtungen ermitteln: bei den Zwergen, bei den Halblingen und bei den Menschen.

Bei diesem Roman gefällt mir der ungewöhnliche Denkansatz. Das Fantasylesen hatte ich vor über 20 Jahren aufgegeben, weil es mir zu fad wurde, immer wieder den gleichen Ablauf zu lesen: Die Protagonisten machen sich auf eine lange Reise durch alle möglichen Gefahren und überleben diese unversehrt, obwohl sie vollkommen unerfahren und tapsig sind. Und auch hier finde ich das wieder, was ich damals nicht mochte: sehr mühsam erfunden wirkende Namen, altbacken wirkende Satzkonstruktionen und viele Klischees.

Dieser Roman baut nun eher nach meinem Geschmack auf: Ein Krimi mit Zwergenkommissar und -detektiv zu konzipieren, macht zwar für sich noch keinen guten Roman, gefällt mir aber gut und ist leichter zu ertragen als ermittelnde Schafe (Glenkill), Katzen (Felidae) und ähnliche Tiere.

Wer nun aber einen Zwergenkrimi erwartet, steckt auch in der falschen Schublade. Das Buch reicht weit über die Genregrenzen von Krimi und Fantasy heraus. Sozialkritik und genaue Beobachtung des Weltgeschehens prägen dieses Buch. Wenn ich schon auf Seite 20 lese, dass für jede Stunde Arbeit einheitlich eine Münze bezahlt wird, egal welche Arbeit es ist, ist dies eine sympathische Spitze gegen das aktuelle Entlohnungssystem für Arbeit. Der Gesellschaft der Jetztzeit wird ein ziemlich blank geputzter Spiegel vorgehalten. Brutal, schonungslos und ehrlich ? einfach klasse!

Weiter interessant ist bei der Konstruktion des Romans, dass die Zwerge den Ton angeben und Menschen die dienende, untergeordnete Rolle zugeteilt bekommen. Erinnert ein wenig an ?Planet der Affen?, gefällt mir gut.

Die Zwergenwelt von Dampfland ist perfekt durchgestylt, der Autor überlässt nichts dem Zufall. Dadurch geht vielleicht etwas Leichtfüßigkeit und Emotionen verloren, die sonst in Krimis und Fantasy zu finden ist. Mitunter werden auch unnötig Klischees gepflegt. Warum muss z.B. der Ermittler in einem Krimi immer ein persönliches Alkoholproblem haben?
Wegen der guten Kombination aus Krimi, Gesellschaftskritik und Situationskomik ist dieser angenehm zu lesende Roman auch eine Empfehlung für Menschen, die sonst nicht so viel von Fantasy halten.
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