Elke Seidel: Die Katze, die zu neuen Ufern aufbricht (Fritzi Kullerkopf Bd. 9)

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Vandam
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Elke Seidel: Die Katze, die zu neuen Ufern aufbricht (Fritzi Kullerkopf Bd. 9)

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Elke Seidel: Die Katze, die zu neuen Ufern aufbricht. Der neunte Fritzi Kullerkopf Roman, Norderstedt 2021, BoD Books on Demand, ISBN 978-3-7534-4602-8, Softcover, 336 Seiten, mit zahlreichen farbigen Illustrationen von Elke Seidel, Format: 17 x 2,3 x 22 cm, Buch: EUR 16,90, Kindle: EUR 7,49.

Vielleicht sollte jemand der blitzgescheiten und schlagfertigen Katzendame Fritzi mal einen Blog einrichten. Das würde ihr Spaß machen. So, wie sie mit Hilfe ihres Hausmenschen Elke ihre Bücher aufbaut und ihre Erlebnisse schildert und Geschichten erzählt, kommt das dem Bloggen nämlich schon sehr nahe. Und vielleicht würde sie ja mit ihren Alltags- und Reiseberichten sogar zu einer gefragten Influencerin aufsteigen. Ach ja, bei Tieren heißt das ja Petfluencer! Oder in diesem Fall Catfluencer?

Katze Fritzi ist gnadenlos ehrlich
Gefälligkeitsbeiträge wären von Fritzi aber keine zu erwarten! Die rotpelzige Kätzin ist gnadenlos ehrlich und äußert Dinge, mit denen ein wohlerzogener und politisch korrekter Zweibeiner niemals durchkäme. Was nicht ausschließt, dass er klammheimlich genau das denkt, was Fritzi ungehemmt durch die Gegend trötet. (Zum Glück wird sie nicht von jedermensch verstanden.)

Die kluge Katze schreibt über alles, was sie an Interessantem sieht, hört, denkt oder erlebt. Ob ihr Erzählungen einen klassischen Spannungsbogen haben, wie man das von fiktionalen Werken erwartet, ist ihr wurscht. Wenn sie meint, dass wir Leser:innen etwas wissen sollten, berichtet sie darüber, wenn gerade nichts Spannendes passiert, schreibt sie nichts.

Zurück aus Dresden
Im achten Band hatte Fritzi ihre menschliche Sozialpartnerin ja verlassen. Das ist wohl doch so oeine gute Idee gewesen. Jetzt lebt sie wieder in Frankfurt bei der Flughafen-Angestellten (und Ex-Reiseleiterin) Elke und schmiedet mit ihr Urlaubspläne. Sich die Welt anschauen, Neues entdecken und interessante Persönlichkeiten (menschliche oder tierische) kennenlernen, das gefällt beiden, wenn auch ihre Interessen nicht immer deckungsgleich sind.

Wo soll’s hingehen? Nach Irland, Frankreich, Italien oder Spanien? Das Informieren, Recherchieren, Studieren und Diskutieren nimmt viel Zeit in Anspruch. Bis die endgültige Entscheidung fällt, unterhält Fritzi uns mit Abenteuern ihrer kätzischen Freund:innen und Facebook-Bekanntschaften.

Mit dem Bus nach Paris
Im Herbst ist es dann so weit: Die zwei unternehmen eine Busreise nach Paris. Ich find’s ja immer lustig, wie Fritzi in Stress gerät, weil sie sich für ihre Menschen verantwortlich fühlt. Gerade so, als würde die polyglotte, bestens organisierte Reise-Expertin Elke ohne Hilfe ihrer Katze nichts zuwege bringen. Außer dass Elke eine leichte Schwäche bei der räumlichen Orientierung zu haben scheint, wüsste ich nicht, warum man sich um sie Sorgen machen müsste. Gerade in Paris kennt Elke sich gut aus..

Fritzi traut dem Frieden nicht. Sie war noch nicht auf der Welt, als Elke Tourist:innen durch die französische Hauptstadt führte, und sie kann sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass vor ihrer Geburt schon irgendwas Relevantes passiert sein könnte. :-D Woher will Elke also wissen, dass tagsüber in Vergnügungsvierteln nichts Vergnügliches los ist? Wird sie die angepeilten Sehenswürdigkeiten überhaupt finden? Und weiß sie, wo der Eingang zum Louvre ist?

Kultur oder Kulinarik?
Der Kunst und der Architektur kann die Katze wenig abgewinnen. Sie würde lieber Mäuse und Vögel jagen, mit ihren Artgenoss:innen auf dem Friedhof von Montmartre tratschen oder irgendwo einkehren und Menschen-Leckerbissen abstauben. Aber bitte nicht das vegetarische Zeug, das ihre Menschin isst!

Auch wenn Fritzi bei Erklärungen von kompetenten Zweibeinern gerne einschläft, laut maulend ihr Desinteresse kundtut oder gehässig das Tun und Treiben der Menschen kommentiert, lernt man als Leser:in immer ein bisschen dazu. Bei diesem Band hatte ich einen leichten „Heimvorteil“, weil ich die beschriebenen Reisedestinationen ausnahmsweise „persönlich“ kenne. Die Ziele nochmals mit Fritzi und Elke zu „bereisen“ war deshalb ein besonderes Erlebnis.

Inselhüpfen auf den Kanaren
Im Januar steht für die beiden schon die nächste Reise an: „Inselhüpfen“ auf den Kanaren. Die Kanarischen Inseln kenne ich besser als Paris und hatte so manches Déjà-vu. Die Schwierigkeiten der beiden, sich in der labyrinthischen Hotelanlage auf Fuerteventura zurechtzufinden, kenne ich nur zu gut. Ich habe extra nachgeschaut, ob ich schon mal in dem von Fritzi beschriebenen Hotel war. Nein – es gibt wohl mehrere von dieser Sorte.

Fritzi hat mehr Interesse an den Atlashörnchen (ach, so heißen diese putzigen Streifenhörnchen dort?) als an der Inselrundfahrt. Und es ist nur gut, dass nicht allen Mitreisenden des Kätzischen mächtig sind. Der ungepflegte Herr Graf wäre sicher nicht entzückt gewesen zu hören, dass er für ihr feines Katzennäschen nach ranzigem Biomüll müffelt.

Geht’s auch den Tieren gut?
Mein geliebtes Lanzarote und der Timanfaya-Nationalpark reißen Fritzi nicht von Hocker. Sie findet die karge vulkanische „Mondlandschaft“ langweilig und betrachtet die künstlich bewässerten Golfplätze in dieser trockenen Gegend als dekadent. Mit den Lebens- und Arbeitsbedingungen der hiesigen Esel und Kamele sind sie und Elke ebenfalls nicht nicht einverstanden. Da müsste ihrer Meinung nach der Tierschutz einschreiten.

Auch beim Besuch des Zoos Loro Parque auf Teneriffa bezweifeln sie, dass alles, was sie hier sehen, dem Tierwohl zuträglich ist. Ein aufschlussreiches Gespräch mit einem Besucher, der sich als Student der Tiermedizin entpuppt, bestätigt ihre Befürchtungen. Und so bleibt der Tag im Tierpark, so interessant, abwechslungsreich und informativ er auch war, ihnen in zwiespältiger Erinnerung.

Die Welt hat sich verändert
Irgendwann sind alle Inseln „abgehüpft“, die Köpfe voll mit neuen Eindrücken und der Urlaub zu Ende. Für unsere Reisegefährtinnen geht es wieder zurück nach Frankfurt. Doch aus den nächsten Ausflugsplänen, die die unternehmungslustige Fritzi sofort mit ihrem Katerkumpel Tom Jupiter besprechen will, wird erst einmal nichts. Die Welt hat sich verändert, und nichts ist mehr, wie es war.

Ich sage es bei jedem Band aufs Neue: Ich mag Fritzis unverblümte Art zu erzählen und die menschlichen Aktivitäten kritisch zu betrachten. Manches, was wir Zweibeiner tun, muss anderen Lebewesen in der Tat kurios vorkommen.

Wenn man weiß, dass man hier Episoden aus dem Leben einer Katze liest und keinen Roman im herkömmlichen Sinne, kann man sich einfach zurücklehnen und sich von Fritzis Geschichten überraschen lassen. Man könnte, wenn man wollte, auch einzelne Beiträge überspringen und verstünde die Handlung trotzdem noch. Aber es wäre schade, wenn man das täte.

Und jetzt bin ich gespannt, was Fritzi und Elke im 10. Band zu erzählen haben, wo sie doch pandemiebedingt gar nicht reisen konnten. Lassen wir uns überraschen!

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Meine Lieblings-Illustration in diesem Band, (c) BoD / E. Seidel, Foto: E. Nebel

Die Autorin
Elke Seidel absolvierte nach ihrem Fachschulabschluss eine Lehre. Anschließend arbeitete sie mehrere Jahre in einem Reisebüro, in dem sie auch als Reiseleiterin amerikanische Touristen durch europäische Hauptstädte und durch den Nahen Osten führte. Anschließend arbeitete sie über 30 Jahre am Frankfurter Flughafen in der Passagierabfertigung und als Lehrgangsleiterin in einem Schulungszentrum. Bereits vor ihrem Ausscheiden am Flughafen begann sie ein Studium an der Frankfurter U3L. Dort belegte sie u.a. das Seminar „Kreativ schreiben“. Elke Seidel wohnt in Frankfurt. Ihre beiden Katzen Fritzi Kullerkopf und deren Freund Rüdiger adoptierte sie in einem Tierheim.
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