Sebastien de Castell: Shadowblack – Karten des Schicksals. Band 2 (ab 12 J.)

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Vandam
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Sebastien de Castell: Shadowblack – Karten des Schicksals. Band 2 (ab 12 J.)

Beitrag von Vandam »

Sebastien de Castell: Shadowblack – Karten des Schicksals. Band 2 (ab 12 J.), OT: Spellslinger, aus dem Englischen von Gerald Jung und Katharina Orgaß, München 2020, dtv Verlagsgesellschaft, ISBN 978-3-423-76294-6, Hardcover, 365 Seiten, mit s/w-Illustrationen von Sam Hadley, Format: 15,5 x 3,5 x 21,6 cm, Buch: EUR 16,95 (D), EUR 17,50 (A), Kindle: EUR 14,99, auch als Hörbuch lieferbar.

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„Ich nickte und rappelte mich schwerfällig hoch. Sechzehn Jahre alt – und schon war in der Hälfte aller Orte, in denen ich gewesen war, ein Preis auf meinen Kopf ausgesetzt. Ich besaß weder Geld, noch irgendwelche besondere Fähigkeiten, und den einzigen Zauber, den ich einigermaßen beherrschte, durfte ich nicht anwenden, weil ich damit jedem Magier in den Grenzlanden meinen Aufenthaltsort verraten würde.“ (Seite 27)

Ein Trickser auf der Flucht
Kellen aus dem Hause Ke war als Magier-Abzubi ein Versager, aber er beherrscht ein paar wirkungsvolle Taschenspielertricks. Dass er im Gegensatz zu seiner hochbegabten Schwester kaum magische Fähigkeiten hat, verdankt er seiner Familie, wie er seit kurzem weiß. Sie haben ihm seine Gaben vorsätzlich genommen und ihn auch absichtlich mit der Schwarzschattenkrankheit infiziert, die ihn langsam aber sicher in ein blutrünstiges Ungeheuer verwandeln wird. Schon jetzt zeigen sich die entsprechenden Male um seine Augen und er leidet an schmerzhaften Anfällen.

„[Der Schwarzschatten] ist die direkte Verbindung zwischen dem Opfer und dem Dämon, der von ihm Besitz ergreift. Darum leiden die Erkrankten an grässlichen Visionen und werden gewalttätig. Der Dämon treibt sie dazu. Er verlangt absoluten Gehorsam (...). Dabei sind Magier die bevorzugten Opfer, weil sie, nun ja, eben den größten Schaden anrichten können.“ (Seite 145)

Nicht nur deshalb ist Kellen vor seinem Clan - den Jan’Tep – auf der Flucht. Deren Obermagier wollen ihm auch deshalb ans Leder, weil er hinter ein paar ihrer unlauteren Machenschaften gekommen ist.

Ziellos und vogelfrei
Sei vier Monaten ist er nun schon als Vogelfreier in den Grenzlanden unterwegs. Wohin, weiß er nicht. Es ist ihm auch gleichgültig. Er und sein schandmäuliges „Schutztier“, der Baumkater Reichis, sind mit der geheimnisvollen Glücksspielerin Ferius Parfax unterwegs, einer Argosi-Frau, die ihn, aus welchen Gründen auch immer, vor seinem mörderischen Clan gerettet hat. Sie folgt einem nicht näher bezeichneten „Pfad“, und Kellen geht mangels Alternativen mit.

Baumkater Reichis, den man sich wie eine Mischung aus Katze, Flughörnchen und Chamäleon vorstellen muss, gierig und geschäftstüchtig wie ein STAR-TREK-Ferenghi, ist notgedrungen mit von der Partie. Er ist an Kellen durch ein magisches Ritual gebunden. Man kann aber nicht sagen, dass die beiden einander besonders zugetan wären.

In einer trostlosen Wüstengegend treffen die drei auf die Argosi-Frau „Rosie“, die mit ihrem Mündel Seneira unterwegs ist, einem jungen Mädchen, das eine Augenbinde trägt. Blind ist sie nicht, sondern gezeichnet. Kellen erkennt die Male sofort, als er sie sieht. Er kann die seinen überschminken, bei Seneira funktioniert das anscheinend nicht.

Neue Weggefährtinnen
„Rosie“ will das Mädchen nach Taleidos bringen und Ferius beschließt, die beiden zu begleiten. Also geht’s auch für Kellen und Reichis in die legendäre Universitätsstadt. Sie haben keine andere Wahl. In der Gruppe sind sie sicherer.

Am Zielort sind Kellen und Reichis überwältigt von dem Wohlstand und dem Frieden, der in der Stadt herrscht. So etwas haben sie noch nie gesehen! Hier verschanzt sich niemand nach Sonnenuntergang ängstlich in seinen vier Wänden, hier sitzen Menschen aus aller Welt bis tief in die Nacht einträchtig in Straßencafés, unterhalten und amüsieren sich.

Es ist verblüffend und unterhaltsam zu beobachten, wie schnell ausgerechnet der wilde Baumkater Reichis den Verlockungen des hiesigen Luxuslebens erliegt, und auch Kellen würde am liebsten bleiben. Doch hier gehen merkwürdige Dinge vor.

Hier ist doch was faul!
Wieso befällt die Schwarzschattenkrankheit auf einmal Personen ohne magische Begabung? Seneira Thrane ist nämlich nicht die einzige Betroffene. Wer ist der Fremde, der plötzlich am Krankenbett ihres Bruders sitzt? Anscheinend ein Jan’Tep. Aber ist er auch ein Magier? Er behauptet, die Schwarzschattenkrankheit heilen zu können. Doch Kellen hat den Verdacht, dass der Kerl magisch nicht mehr drauf hat als er selbst. Und was soll ein bisschen Budenzauber gegen eine Krankheit ausrichten, an der sich mächtige Heiler und Magier schon die Zähne ausgebissen haben? Andererseits ist der Mann in der Welt herumgekommen. Da kann er über alle möglichen Erkenntnisse gestolpert sein.

Wie auch immer: Hier läuft eine gigantische Schweinerei, bei der es um weit mehr gehen muss als um ein paar erkrankte Kinder. Die lokale Flüsterhexe weiß Bescheid, doch niemand scheint ihre Hinweise zu verstehen ...

In diesem Buch muss der Autor nicht mehr so viel erklären wie in Band 1, es passiert also von Anfang an etwas. Dieses Mal richten Kellen & Co. nicht ganz so viel Flurschaden an wie im ersten Band, dafür erfahren wir ein bisschen mehr über die Argosi und die Welt, in der die Geschichte spielt.

Eine amüsante Schicksalsgemeinschaft
Es wird immer unwahrscheinlicher, dass Kellen je zurück nach Hause kommt, obwohl es dringend notwendig wäre, dass da mal einer gründlich ausmistet. Aber es kommen ja noch vier Bände, da kann sich noch einiges tun. Ich hoffe ja, dass Kellen auf seinem „Pfad“ so viel Wissen und Stärke erwirbt, dass er eines Tages den scheinheiligen M*stkerlen daheim die Rechnung für ihre schändlichen Intrigen präsentieren kann.

Aber das hat durchaus keine Eile! Dazu ist die Schicksalsgemeinschaft, bestehend aus dem hilf- und planlosen Kellen, der eben so taffen wie raffinierten und mysteriösen Ferius Parfax und dem unbezähmbaren Zyniker Reichis viel zu amüsant. Auch wenn sie immer wieder in lebensbedrohliche Situationen geraten, ist es einfach zu schön, wie sie sich gegenseitig aufziehen und sich aus den schlimmsten Schlamasseln herausquatschen, -mogeln und –sprengen. Das mache ich gerne noch ein paar Bände lang mit.

Was ich mich bei diesem Band gefragte habe: Wenn sich der Argosi-Name von Seneiras Mentorin zu „Rosie“ verkürzen lässt, müsste Ferius Parfax, wenn man nach demselben Schema vorgeht, doch „Daisy“ sein, oder? Das wäre folgerichtig aber schräg. Und „schräg“ passt zu dieser Reihe.

Der Autor
Der Kanadier Sebastien de Castell hatte gerade sein Archäologiestudium beendet, als er mit der ersten Ausgrabung begann. Vier Stunden später begriff er, wie sehr er Archäologie hasste und ließ sie kurzerhand hinter sich, um Musiker, Projektmanager, Kampf-Choreograf und Schauspieler zu werden. Auf die eine oder andere Weise spiegeln sich all seine beruflichen Tätigkeiten in seinem Schreiben wider. Sebastien de Castell wurde in Kanada geboren und lebt heute in den Niederlanden.

Die Übersetzer
Katharina Orgaß und Gerald Jung arbeiten seit Jahren als Übersetzerteam und haben u.a. Werke von Jonathan Stroud, Alan Bradley und Mary E. Pearson übersetzt.
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